Finnisch studieren könnt ihr an einigen deutschen Universitäten. Die Uni Köln ist dabei neben Greifswald die einzige Universität in Deutschland, die Fennistik als eigenständiges Bachelorfach anbietet. Allerdings braucht ihr an beiden Universitäten ein zweites Hauptfach. An den Universitäten in Hamburg, Göttingen und München ist Fennistik hingegen Bestandteil des Bachelorstudienganges Finnougristik. Was ihr über die Universität Köln und das Fennistik-Studium wissen müsst und welchen Unterschied es zum Studiengang Finnougristik gibt, erzählt uns Ruth Robertz, die in Köln derzeit ihren Master in Fennistik und Geschichte macht, im Interview.
Mit etwas „Sisu“ klappt es auch mit dem Finnischstudium – Interview mit Fennistik-Studentin Ruth Robertz von der Universität Köln
Finntastic:
Moikka Ruth, on tosi kiva tutustua sinuun (Moikka Ruth, schön Dich kennenzulernen). Du studierst an der Universität Köln im vierten Master-Semester Fennistik und Geschichte.
Bevor wir auf Dein Studium zu sprechen kommen, erzähl uns doch erst einmal ein wenig über Dich. Hast Du Verwandtschaft in Finnland? Oder woher stammt Dein Finnlandinteresse?
Ruth:
Tatsächlich habe ich keine Verwandtschaft in Finnland. Und zu Beginn meines Studiums hatte ich auch überhaupt keine Beziehung zum Land. Allerdings habe ich schon damals sehr viel finnischen Metal gehört, zum Beispiel Musik von der finnischen Symphonic-Metal Band Nightwish. Doch das war nicht der Grund, weshalb ich mich für ein Fennistikstudium in Köln entschieden habe. Nach dem Abitur wollte ich unbedingt etwas mit Sprachen machen. Mittels Ausschlussverfahren bin ich praktisch bei Finnisch gelandet. Denn Latein war mir zu einfach, Russisch zu fremd und auch China oder Afrika haben mich nicht gereizt.
Finntastic:
Und was genau fasziniert Dich an der finnischen Sprache?
Ruth:
Im Grunde die Tatsache, dass du ohne Vorkenntnisse, so wirklich gar nichts verstehst. Wenn du die Sprache nicht kannst, ist alles erst einmal ein riesiges Kauderwelsch. Du kannst nur vereinzelt Wörter erkennen, wie tomaatti (Tomate), posti (Post) oder bussi (Bus) also die Lehnwörter, die meist aus dem Deutschen oder Schwedischen stammen. Das fand ich unheimlich spannend! Und oft heißt es ja auch, dass die finnische Sprache recht schwer sein soll. Daher war Finnisch zu lernen für mich einfach die perfekte Herausforderung!
Finntastic:
Und warum hast Du Dich ich für Fennistik und nicht für Finnougristik entschieden und warum gerade für die Universität Köln?
Fennistik, also die finnische Sprache und Kultur kannst du in Deutschland im Bachelor und im Master nur in Köln und in Greifswald studieren. In Österreich gibt es noch die Universität Wien, die einen Bachelor in Fennistik anbietet. Finnougristik wird hingegen an den Universitäten in Göttingen, Hamburg und München gelehrt.
Der Unterschied zur Fennistik besteht darin, dass die Finnougristik, wie es der Name vermuten lässt, weitere finnougrische Sprachen beinhaltet. Dazu gehören zum Beispiel Ungarisch und Estnisch sowie ein paar weitere kleinere Sprachen. Du musst also im Finnougristik-Studium neben dem Finnischen immer eine weitere finnougrische Sprache lernen.
Die Fennistik beschäftigt sich im Gegensatz zur Finnougristik nur mit der finnischen Sprache und Kultur. In Köln besuchen wir Fennisten außerdem Sprachkurse in Schwedisch, weil Schwedisch in Finnland zweite Amtssprache ist. Und ich bin schließlich in Köln gelandet, weil ich gerne Fennistik mit Geschichte kombinieren wollte und das geht an der Uni Köln im Bachelor und im Master.
Finntastic:
Wie ist das Fennistik-Studium in Köln aufgebaut? Welche Fächerkombinationen gibt es?
Ruth:
In Köln wird Fennistik im Bachelor als Hauptfach mit einem weiteren Hauptfach (bei mir ist das Geschichte) gleichwertig studiert, das heißt in jedem Fach erwirbst du 90 ECTS Punkte. In welchem Fach du deine Bachelorarbeit schreibst, kannst dir aussuchen. Ich habe mich damals für Fennistik entschieden. Übrigens schreibst du auch in der Fennistik deine Bachelorarbeit auf Deutsch.
Im Master ist es dann ein wenig anders aufgeteilt. Da musst du dich für ein Schwerpunktfach entscheiden. Ich habe zum Beispiel Geschichte als Schwerpunktfach gewählt, das heißt ich studiere derzeit quasi doppelt so viel Geschichte wie Fennistik und schreibe auch meine Masterarbeit in Geschichte. Das kannst du natürlich auch umdrehen, dann hast du mehr Kurse in der Fennistik und schreibst dort dann auch Deine Masterarbeit. Bei Interesse kannst du im Master allerdings auch Fennistik mit Skandinavistik kombinieren, wenn du dich noch für weitere nordische Sprachen interessierst.
Finntastic:
Was muss man für ein Fennistikstudium mitbringen? Sind finnische Grundkenntnisse notwendig?
Ruth:
Vorkenntnisse in Finnisch brauchst du eigentlich keine zu haben, das gilt ebenso für alle anderen skandinavischen Sprachen. Du fängst überall bei null an. Allerdings ist die finnische Grammatik unheimlich komplex. Das Tempo zieht sehr schnell an. Doch wenn du es wirklich lernen willst, dann klappt das auch. Allerdings ist es wirklich sehr viel Arbeit und oft fühlst du dich zwischendrin immer mal ein wenig überfordert. Aber das ist ganz normal. Wenn du jedoch ein wenig „Sisu“, also finnische Ausdauer und Stärke, mitbringst, dann klappt es letztendlich auch mit dem Finnisch lernen.
Außerdem solltest du gut Englisch können, das heißt mindestens auf dem Sprachniveau B2 des europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Denn das Sprachlevel musst du spätestens bei der Anmeldung zur Abschlussprüfung vorweisen. Und auch für das Studium selbst ist es notwendig fit im Englischen zu sein. Gerade in der Anfangszeit, wenn noch nicht so viel auf finnische Texte zurückgegriffen wird, gibt es viel englisches Material.
Das Studium im Bachelor sowie im Master ist außerdem sehr viel Lesearbeit, sowohl in den sprachwissenschaftlichen Theorie- als auch in den Literaturkursen. Ein Professor hat ganz zu Beginn einmal zu mir gesagt: „Wenn Lesen nicht Ihr Hobby ist, dann täten Sie gut daran, wenn es zu Ihrem Hobby wird.“ Und er hat Recht behalten. Meist wird nämlich auch im Zweitfach eine Menge an Lektüre vorausgesetzt. Das musst du in deine wöchentliche Studienzeit einkalkulieren. Empfohlen wird daher, dass du bei deinen Fennistik-Veranstaltungen pro Semester 20 ECTS nicht überschreitest solltest.
Finntastic:
Gibt es eine Zulassungsbeschränkung für Fennistik in Köln?
Ruth:
Seit neuestem sind für einige kleinere Fächer die Zulassungsbeschränkungen weggefallen, dazu zählt auch die Skandinavistik bzw. Fennistik. Allerdings musst du immer auch die Zulassungsvoraussetzung deines Zweitfaches prüfen, denn die meisten Studienfächer an der Universität Köln sind zulassungsbeschränkt.
Für die Einschreibung in Skandinavistik bzw. Fennistik musst du neuerdings aber trotzdem ein kleines Online-Assessment Center durchlaufen. Dabei handelt es sich um einen kurzen Fragebogen, der dir zur Orientierung dienen soll und dir erklärt, was du mit dem Studium machen kann. Wenn du das bestanden hast, was wirklich nicht schwer ist, dann bekommst du ein Zertifikat ausgestellt. Mit dem kannst du dich im Onlinesystem „KLIPS“ der Universität Köln für den Studiengang Fennistik bzw. Skandinavistik bewerben und bekommst dann direkt die Zulassung zum Studium. Tipps zur Einschreibung für Fennistik findest du auf der Homepage unseres Instituts.
Finntastic:
Welche Schwerpunkte gibt es innerhalb eures Fennistik-Studiums?
Ruth:
Der Schwerpunkt im Bachelor-Studium Fennistik in Köln liegt auf der Sprach- und Literaturwissenschaft. Kulturwissenschaft fließt eigentlich nur am Rande ins Bachelorstudium ein. Und das auch nur, weil unser Professor für Skandinavistik in erster Linie Kulturwissenschaftler mit Hauptsprache Dänisch ist. Er kennt sich in Dänemark sehr gut aus, versucht aber auch einen Überblick über Skandinavien im Allgemeinen zu geben und da zählt eben auch Finnland dazu.
Im Fennistik-Master in Köln hast du dann die Möglichkeit den Schwerpunkt entweder auf finnische Literatur- oder Sprachwissenschaften zu legen. Im Bachelor kannst du dir das leider nicht aussuchen. Grundsätzlich besuchen wir Fennisten im Bachelor die gleichen Einführungskurse für die Sprachwissenschaften wie die Skandinavisten. Die Literaturwissenschaft ist hingegen seit kurzem getrennt, weil wir Fennisten nur finnische Literatur lesen, zum Beispiel Klassiker wie„Die sieben Brüder“ von Aleksis Kivi oder „Das fromme Elend“ von Nobelpreisträgers Frans Eemil Sillanpää. Natürlich lesen wir aber auch moderne Literatur, wie Johanna Sinisalos Roman „Troll“.
Zur finnischen Kultur gibt es pro Semester zudem einige weitere interessante Veranstaltungen und natürlich unsere Fennistenabende, bei denen sich die neuen Studierenden und älteren Semester, kennenlernen und austauschen können. Da reden wir auch sehr viel über finnische Kultur. Und natürlich gibt es auch viele jahreszeitliche Events, zum Beispiel das Mittsomerfest (Juhannus) oder Lucia, das skandinavische Lichterfest, die von der Fachschaft organisiert werden.
Finntastic:
Was unterscheidet Finnisch denn vom Deutschen oder anderen romanischen Sprachen? Und ist es Dir leicht gefallen Finnisch zu lernen?
Ruth:
Zu Beginn wusste ich tatsächlich noch nicht einmal was Hallo oder Danke auf Finnisch heißt, d.h. ich habe echt von null angefangen. Mich hat deshalb anfangs besonders die Masse an unbekannten Vokabeln erschlagen. Denn im Finnischen kannst du dir die Wörter, mit Ausnahme der bereits erwähnten Lehnwörter, nicht wie in den romanischen Sprachen ableiten. Du musst die Wörter daher alle auswendig lernen, was ich wirklich anstrengend fand, weil ich ein unheimlich fauler Vokabellerner bin. Finnisch hat auch eine völlig andere Sprachstruktur, da gibt es zum Bespiel den Stufenwechsel, rund 16 Fälle und viele Suffixe. Wenn du dich aber erst einmal von der Deutschen Sprachstruktur gelöst und den Einstieg gefunden hast, dann kannst du es echt gut lernen.
Und seitdem die Uni mit den Lehrbüchern „Suomen Mestari I – IV“ arbeitet, die mehr wie ein Schullehrbuch aufgebaut und speziell für Nichtfinnen konzipiert sind, ist es meiner Meinung nach für Studienanfänger auch ein wenig leichter geworden. Wir haben damals allerdings noch mit „Suomi sujuvaksi I und II“ von Marjukka Kenttälä gearbeitet. Die Bücher sind eher für Finnischlerner in Finnland konzipiert. Daher war das für uns ziemlich schwierig. Gemeinsam haben beide Lehrwerke, dass die Grammatik ausschließlich auf Finnisch erklärt ist, was zu Beginn auch nicht ganz einfach ist. Und auch den Stufenwechsel fand ich anfangs wirklich furchtbar, vor allem den umgekehrten Stufenwechsel, wenn das k fehlt. Aber irgendwann macht es Klick und du gewöhnst dich dran. Viele Studienanfänger haben zu Beginn allerdings auch Probleme mit Partitiv- und Akkusativobjekten, doch auch das legt sich mit der Zeit.
Toll zum Vokabel lernen war unser Finnischstammtisch, bei dem wir regelmäßig Artikel aus dem Helsingin Sanomat in einfachem Finnisch ins Deutsche übersetzt haben und natürlich hilft es auch, finnische Musik zu hören. Ich höre zum Beispiel gerne Uniklubi oder Happoradio. Und es ist echt ein Erfolgserlebnis, wenn du urplötzlich die finnischen Liedtexte verstehst. Zudem liegt mein Schwerpunkt auf finnischer Geschichte und da muss ich eh sehr viel finnische Texte lesen, weil es auf Deutsch oder Englisch zu dem Thema gar nicht so viel Literatur gibt. Und natürlich lese ich hin und wieder auch Romane auf Finnisch. Für den Anfang eignen sich meiner Meinung allerdings am besten finnische Kinder- und Jugendbücher.
Finntastic:
Und was hilft noch, um die finnische Sprache zu festigen?
Ruth:
In unserer Fennistik-Bibliothek gibt es sehr viele DVDs auf Finnisch mit englischen oder deutschen Untertiteln, aber auch sehr viel Belletristik auf Finnisch, oft dann auch mit Hörbuch, damit du es dir anhören kannst. Und es gibt an der Universität Köln auch sehr viele finnische Studierende, die gerne bei uns am Seminar auftauchen, um finnische Literatur auszuleihen. Mit denen können wir natürlich auch ein Sprachtandem bilden. Sie unterrichten oft auch mit in den Sprachkursen. Die beste Möglichkeit die Finnischkenntnisse zu vertiefen ist es meiner Meinung nach aber, innerhalb des Studiums ein Auslandssemester in Finnland zu verbringen.
Das geht zum Beispiel an unseren Partneruniversitäten in Oulu, Turku und Helsinki, wobei es in Turku die Åbo Akademie, also die schwedischsprachige Universität ist. Unsere Professorin für Fennistik rät daher allen Studierenden, die nebenbei auch Schwedisch gelernt haben, dort hinzugehen. Die Universitäten nehmen pro Semester zwei Studierende oder einen Studierenden für ein ganzes Jahr auf. Du kannst aber zunächst für ein Semester hingehen und dann während deines Aufenthaltes entscheiden, ob du noch ein Semester dranhängen möchtest.
Finntastic:
Und wo hast Du Dein Auslandsemester gemacht?
Ruth:
Ich war in meinem fünften Bachelor-Semester in Oulu. Das war die beste Zeit für ein Auslandssemester, denn dann hast du bereits alle Sprachkurse hinter dir und du hast schon einmal ein Grundgerüst der finnischen Sprache, auf dem du aufbauen kannst. Und im fünften Semester gibt es auch nicht so viele andere Kurse, das heißt, du kannst sie dann bequem im nächsten Semester nachholen.
Die Zeit in Oulu war echt perfekt zum Finnisch lernen. Die Helsinkier sind ja meist an Touristen gewöhnt und antworten dir auf Englisch, wenn sie merken, dass dein Finnisch holperig klingt. In Oulu gibt es allerdings auch viele, die kein Englisch können und die sich dann bei dir entschuldigen, dass sie dir nur auf Finnisch antworten können.
Lustig ist, dass viele Finnen die Stadt Oulu als recht hässlich empfinden. Ich selbst kann das nicht bestätigen. Zum Beispiel führt schon der Weg zur Uni durch den Wald, weil der zum Stadtgebiet gehört, was ich ziemlich cool finde. Die Uni in Oulu ist zudem riesig, eines der Gebäude ist ungefähr einen Kilometer lang. Anscheinend haben sie damals in den 70er-Jahren festgestellt, dass drei Hörsäle nicht ausreichen und haben dann einfach an die Enden angebaut. Und Oulu wurde zudem vor zwei Jahren auf Platz drei der besten Erasmusuniversitäten in ganz Europa gewählt!
Die Uni in Oulu kümmert sich außerdem sehr um ihre Erasmusstudenten. Es gibt dort zum Beispiel spezielle Finnischkurse für Erasmusstudenten und uni-interne Programme, die den ausländischen Studierenden die finnische Kultur näherbringen. Auch die Dozenten sind alle sehr hilfsbereit. Super war auch, dass mich ein Student aus Oulu, der vorher bei uns Praktikum gemacht hat, unter seine Fittiche genommen hat und seinen Freunden verboten hat, mit mir Englisch zu reden. Das war zu Beginn erst einmal mega schwierig, weil die Leute in Oulu einen echt wirren Dialekt sprechen. Aber es hat mir im Endeffekt sehr geholfen, mein Finnisch zu verbessern.
Finntastic:
Erzähl uns ein wenig über die Universität Köln? Wie alt und wie groß ist sie, bzw. das Institut für Skandinavistik/Fennistik? Wie viele Studenten seid ihr?
Ruth:
Im letzten Jahr feierte die Skandinavistik in Köln bereits ihr 50-jähriges Jubiläum. Und ich glaube die Fennistik gibt es in Köln seit rund 20 Jahren. Die Uni Köln ist einfach riesig. Sie ist keine Campus Universität, d.h. viele Gebäude sind über die ganze Stadt verteilt. Gerade am Anfang fühlst du dich deshalb oft ein wenig überfordert. Und auch die Literaturrecherche wird so oft zu einem logistischen Akt, weil auch die Bibliotheken an unterschiedlichen Standorten sind. Und auch die Nummerierung der Hörsäle ist das totale Chaos. Oft fangen die Dozenten zu Semesterbeginn daher die Vorlesungen grundsätzlich etwas später an, weil es immer wieder Leute gibt, die den Hörsaal nicht finden. Aber schön ist, dass du jederzeit jeden um Hilfe bitten kannst. Gewöhungsbedürftig war es für mich, dass die meisten Seminarräume keine Fenster haben. Das ist im Winter schon ein wenig deprimierend. Aber auch daran gewöhnst du dich.
Das Institut für Skandinavistik/Fennistik in Köln ist ein sehr kleines Institut. Wir sitzen tatsächlich mit allen Büros auf nur einem Flur, dazwischen gibt es noch ein paar vereinzelte Büros der Romanisten und Germanisten. Im letzten Jahr gab es in der Fennistik nur vier Erstsemester. Das hat aber auch seine Vorteile, denn so lernen wir uns untereinander sehr schnell kennen. In Geschichte ist das anders, da sind es schon einmal rund 500 Erstsemester. Und toll ist auch, dass die Fennistik eine eigene Bibliothek hat. Die Skandinavistik ist hingegen Teil der Germanistikbibliothek, wobei dort teilweise auch Literatur der Fennistik zu finden ist. Das ist zu Beginn auch erst einmal ein wenig verwirrend.
Finntastic:
Und was kannst Du später mit Deinem Abschluss beruflich machen? Lohnt es sich während des Studiums Praktika zu absolvieren?
Ruth:
Mit einem geisteswissenschaftlichen Studium hast du wirklich viele Möglichkeiten, zum Beispiel im Verlagswesen, im Tourismus, im Bibliotheks- und Archivwesen, in Museen und in der Kulturarbeit, im Journalismus, in der Werbung, in der Öffentlichkeitsarbeit oder auch in internationalen Organisationen und Unternehmen sowie in der betrieblichen Weiterbildung. Du hast aber auch Chancen in der Fremdsprachenarbeit zum Beispiel als Dolmetscher oder Übersetzer. Es ist auf alle Fälle immer von Vorteil, wenn du bereits während deines Studiums Praktika absolviert hast. Es gibt in Köln sehr viele Unternehmen, die Menschen mit finnischen und auch skandinavischen Sprachkenntnissen suchen. Viele Firmen schreiben unser Institut auch direkt an. Und auch Kölner Museen nehmen gerne Praktikanten. Allerdings lohnt es sich, sich frühzeitig um einen Platz zu kümmern, weil die Plätze oft über mehrere Semester im Voraus vergeben werden.
Eine andere Möglichkeit für ein Praktikum ist das Historische Archiv in Köln, da habe ich zum Beispiel Praktikum gemacht. Die haben eigentlich immer Bedarf. Du kannst auch ein Praktikum in der finnischen Botschaft machen, beim Finnlandinstitut in Berlin oder sogar direkt in Finnland. Das hat zum Beispiel eine Freundin gleich im Anschluss an ihren Erasmusaufenthalt gemacht. Das Ganze läuft dann über die „Opetushallitus“ bzw. „Finnish National Agency for Education“ (ehemals CIMO – Centre for international Mobility). Die helfen dir auch dabei einen geeigneten Praktikumsplatz in Finnland zu finden.
Eine andere Freundin möchte zum Beispiel Übersetzerin werden und hat ein Praktikum beim „Finnish Literature Exchange“ (FiLi) gemacht. Die fördern zum Beispiel die Übersetzung von finnischsprachiger Literatur in der ganzen Welt. Und übrigens ist ein Praktikum in Finnland nicht nur aus sprachtechnischer Sicht eine gute Idee. In Finnland gibt es nämlich im Gegensatz zu Deutschland keine unbezahlten Praktika, das heißt dir ist bis auf ein wenige Ausnahmen eine Praktikumsvergütung garantiert!
Finntastic:
Und was ist Dein ganz persönliches Berufsziel?
Ruth:
Ich möchte ganz gerne im Unibetrieb bleiben und nach dem Master promovieren, am liebsten in finnischer Geschichte. Ich habe zum Beispiel bereits eine Hausarbeit über den finnischen General Mannerheim geschrieben. Oft wissen die Geschichtsdozenten mit diesem Thema allerdings gar nichts anzufangen. Deshalb erhoffe ich mir, dass ich die Lücke vielleicht füllen kann. Was mich auch total interessiert, ist der Lapplandkrieg, der in Finnland wirklich vollkommen totgeschwiegen wird. Bislang habe ich nur wenige wissenschaftliche Bücher gefunden, die sich damit beschäftigen, zum Beispiel die Abhandlung „Lapin Sota“ von Mika Kulju. Interessant fand ich aber auch den Roman „Wildauge“ von der finnischen Schriftstellerin Katja Ketu, der ebenfalls das Thema beleuchtet.
Alternativ wäre auch die Arbeit im Museumswesen für mich sehr spannend. Allerdings ist es da schon ein wenig schwieriger, einen Bezug zu finnischer Geschichte herzustellen. Wahrscheinlich müsste ich mich dann eher in Norddeutschland umsehen.
Finntastic:
Wie groß ist denn die Finnland-Community in Köln?
Ruth:
Ich glaube Köln ist mit rund 20.000 Finnen die größte Finnland-Community in ganz Deutschland. Die Räumlichkeiten der finnischen Gemeinde in Köln befinden sich nur rund zehn Minuten von der Uni entfernt. Dort finden recht häufig Finnlandevents statt, zum Beispiel Lesungen mit finnischen Autoren, wie den Historikern Marjaliisa und Seppo Hentilä, die dort ihr Buch „1918 – Das deutsche Finnland“ präsentiert haben. Die Veranstaltungen kann übrigens jeder besuchen. Und auch die Deutsch-Finnische Gesellschaft in Köln e.V. organisiert über das ganze Jahr verteilt zahlreiche tolle Finnlandevents, die übrigens auch wie die der finnischen Gemeinde meistens auf Deutsch sind. Und falls die Veranstaltung auf Finnisch ist, wird das meistens angegeben. Die finnische Gemeinde organisiert jedes Jahr Anfang Dezember auch den finnischen Weihnachtsbasar. Dort gibt es dann immer ganz viele finnische Produkte wie Bier, Schokolade oder Schürzen und Tischdecken der Designmarke Marimekko zu kaufen.
Finntastic:
Von den Studierenden der Fennistik und Skandinavistik der Uni Köln wird auch die Fachzeitschrift „norrøna“ sowie ein eigener Blog herausgebracht? Kann jeder, der sich für die nordischen Länder interessiert mitmachen, oder muss man Student der Skandinavistik/Fennistik sein?
Ruth:
Ja genau, die Zeitung „norrøna” erscheint ein- bis zweimal jährlich in unregelmäßigen Abständen in gedruckter Form mit ganz viel spannenden Artikeln zur Kultur, Geschichte und Politik der nordischen Länder. Auch die Professoren veröffentlichen dort hin und wieder ihre eigenen Beiträge. Meist hat jedes Heft einen thematischen Schwerpunkt und wird durch den Blog mit weiteren spannenden Artikeln ergänzt. Die Redaktion ist übrigens immer auf der Suche nach motivierten Mitarbeitern und freut sich auch über externe Nordlichter.
Finntastic:
Hast Du noch einen Finnlandreisetipp oder einen Finnlandtipp für Köln und Umgebung?
Ruth:
In Köln und Umgebung gibt es wie bereits erwähnt vor allem zu den Festen wie Juhannus oder Lucia aber auch das ganze Jahr über recht viele Events, die von den finnischen Gemeinden oder von der DFG Köln organisiert werden. Die Termine dazu findet ihr immer zeitnah auf unserer Facebookseite.
In Finnland selbst fand ich es mega witzig, die örtlichen Kneipen zu besuchen. In Oulu gibt es zum Beispiel die Metal-Karaoke-Bar „Hevimesta“, wo tatsächlich Black- oder Deathmetal Karaoke gesungen wird. Echt richtig schräg! Cool ist auch das Café Kuluma, die servieren da einen ganz speziellen Rammsteindrink.
Außerdem liebe ich es auf Konzerte zu gehen. In Oulu habe ich zum Beispiel die finnische Symphonic-Metalband Apocalyptica live gesehen. Die sind auch für ihren ihren Cello-Rock bekannt. Die Band hat während des Konzerts zwischen den Songs natürlich ganz viel Finnisch gesprochen. Ich war damals mit meiner Mitbewohnerin aus Bielefeld auf dem Konzert, die jedoch kein Finnisch verstand und da war es super, dass ich ihr alles übersetzen konnte. Nächstes Jahr tourt die schwedische Metalband Sabaton durch Deutschland. Mit dabei ist dann auch Apocalyptica. Für finnische Bands ist es übrigens jedes Mal ein mega Schock, wenn sie beim Meet and Greet von ausländischen Fans in Finnisch angesprochen werden.
Ansonsten hat mich auf meiner Lapplandreise das Arktikum in Rovaniemi sehr beeindruckt. Im Museum lief damals die Ausstellung „Wir waren Freunde“, eine Ausstellung über die deutsch-finnische Beziehung im zweiten Weltkrieg. Und als die Museummitarbeiter gemerkt haben, dass ich aus Deutschland komme, aber gut Finnisch verstehe, haben sie mir ganz viel zur Ausstellung und zu diesem Thema erzählt. Das war wirklich sehr interessant.
Finntastic:
Vielen Dank liebe Ruth, für die vielen Informationen zum Fennistik-Studium in Köln und die Tipps zum Finnisch lernen!
Ruth:
Gerne, Dir auch herzlichen Dank, dass ich ein wenig über das Studium plaudern durfte.
Über Ruth Robertz
Ruth Robertz mag finnischen Metal und hat an der Universität Köln Fennistik und Geschichte im Bachelor studiert. Ihr Erasmussemester verbrachte sie im finnischen Oulu. Gerade absolviert sie ihren Master in Fennistik und Geschichte an der Universität Köln und arbeitet nebenbei auch am Institut für Skandinavistik/Fennistik als studentische Hilfskraft für ihre Dozentin für Fennistik. Hin und wieder übernimmt sie daher die Vertretung für ein Seminar oder einen Sprachkurs und mehrfach die Woche ist sie in der Fennistikbibliothek Ansprechpartner in puncto Literaturrecherche für andere Studierende. Ruths besonderes Interesse gilt der finnischen Geschichte und hier im Speziellen dem Lapplandkrieg. Außerdem betreut Ruth auch den Facebook-Auftritt der Fennistik der Universität Köln.
Hier könnt ihr überall Finnisch studieren (Stand: 12.09.2020)
Deutschland
Universität Greifswald – Fennistik (Bachelor/ Master)
Universität Köln – Fennistik (Bachelor/Master)
Universität Göttingen – Finnougristik (Bachelor/Master)
Universität Hamburg – Finnougristik/Uralistik (Bachelor)
Universität München Finnougristik (Bachelor/Master)
Österreich
Universität Wien – Hungarologie und Fennistik (Bachelor)
Universität Wien – Finno-Ugristik (Master)
Ihr habt Fragen zum Fennistik-Studium an der Universität Köln? Dann wendet euch an das Institut für Skandinavistik/Fennistik der Uni Köln oder an die Fennistik der Universität Köln über die Facebookpage der Fennistik. Bei allgemeinen Fragen zum Finnischen lernen, schaut gerne auch auf meinem Blog vorbei oder schreibt mir an info@finntastic.de.
Weitere Links zum Thema „Finnisch lernen“
- Finnisch ist EINFACH anders! – Meine Tipps zum Finnisch lernen
(Meine Linksammlung mit vielen weiteren Tipps zum Finnischlernen) - Finnisch lernen – Mit Fleiß und Sisu gar kein Problem!
(Mein ganz persönlicher Erfahrungsbericht über das Finnischlernen) - Finnisch ist EINFACH anders – Die finnische Wortbildung verständlich erklärt
(Gastbeitrag von Yvonne Bindrim vom Institut der Fennistik der Uni Greifswald) - Ordcap.de: DIE Sprachschule für nordische Sofasprachkurse
(Online-Unterricht auch für Finnisch) - Finnisch lernen leicht gemacht mit Sprachkursen am OBS!-Sprachinstitut
- Finnisch lernen am Finnland-Institut Berlin