Immer wieder heißt es „Suomi on hyvin vaikea kieli“ (Finnisch ist eine sehr schwere Sprache). Schaut man sich die finnische Sprachstruktur und Grammatik genauer an, mag das sicher zutreffen. Denn 16 Fälle, lange Wörter und ein Haufen an ungewohnt vielen Doppelvokalen- und -konsonanten – da graust es vielen schon vom Hörensagen… Doch mit ein wenig Sisu, also finnischer Robustheit, Ausdauer und Stärke (und die haben wir als Finnlandfreunde doch sicher alle), ist das Finnisch lernen gar nicht so schwer und aussichtslos, wie immer behauptet wird. Zwar ist die finnische Grammatik komplex aber sie ist überwiegend regelmäßig. Durchhalten ist die Devise! Und Fleiß zahlt sich aus, auch beim Finnischlernen aus!
Viele in meinem Umfeld haben damals gelacht und gesagt: „Das schaffst Du nie!“ Oder sie haben verständnislos mit dem Kopf geschüttelt und gemeint: „Was willst Du denn mit Finnisch? Lern doch lieber eine Sprache, die gebräuchlicher ist.“ Also habe ich parallel Italienisch und Finnisch angefangen. Und ratet mal welche Sprache bei mir noch immer präsent ist? Finnisch! Italienisch kann ich zwar noch lesen, aber keinen Satz mehr sprechen. Die Konversation in Finnisch hingegen vor allem in Form von Small Talk funktioniert mittlerweile recht gut. Und auch an das Bücher lesen werde ich mich künftig heranwagen. Doch bis dahin war es ein langer Weg. Was mir beim Finnisch lernen geholfen hat, verrate ich euch in diesem Beitrag.
Finnischkurse an der Volkshochschule- Super für den Einstieg
Begonnen habe ich mit dem Finnisch lernen damals während meines BWL-Studiums im Selbststudium mit dem Lehrbuch „Yksi, kaksi, kolme“. Doch alleine zu lernen, war mir zu langweilig. Deshalb habe ich mich schließlich bei der Volkshochschule in Göttingen VHS-Göttingen) für einen Finnisch-Anfängerkurs angemeldet. Super war, dass wir dort mit dem gleichen Buch gearbeitet haben. Somit war die Anschaffung des Lehrbuchs zumindest keine Fehlinvestition! Die Kursatmosphäre war lustig und das gemeinsame Lernen hat sehr viel Spaß gemacht. Vor allem weil unser Dozent Stefan den Unterricht immer sehr lebendig gestaltet und unterhaltsame Sprachübungen eingebaut hat.
Auch die Finnischkurse für Fortgeschrittene bei Gudrun an der VHS-Göttingen habe ich noch immer in bester Erinnerung. Ich habe in der Zeit viel zur finnischen Grundgrammatik gelernt und auch viele neue Finnlandfreunde kennengelernt. Das ist übrigens auch ein Vorteil von Finnischkursen. Ihr lernt recht schnell viele Leute kennen, mit denen ihr euch über eure Liebe zum Land, zur Kultur und Sprache austauschen und auch kleine Lerngruppen bilden könnt. Dennoch habe ich schnell gemerkt, dass mir das Tempo vor allem in Bezug auf das Grammatiklernen an der VHS einfach zu langsam ist.
Intensives Finnisch lernen an der Universität festigte die Sprachkenntnisse
Also habe ich mich erkundigt, ob ich als eingeschriebene Studentin auch an den Finnischkursen für Sprachstudenten am Finnisch-Ugrischen Seminar der Uni Göttingen teilnehmen kann. Das war tatsächlich möglich und so habe ich zwei Jahre lang (also vier Semester) die Finnischkurse von Tiina besucht. Begonnen haben wir zunächst mit dem finnischen Alphabet, der Aussprache und der Vokalharmonie. Im Anschluss ging es recht zügig mit der Grammatik und einem Haufen neuer Vokabeln weiter. Die Kurse fanden zweimal die Woche statt und wir haben Hausaufgaben (Grammatikübungen und Textaufgaben) bekommen, die in der nächsten Kursstunde besprochen wurden.
Gearbeitet haben wir am Finnisch-Ugrischen Seminar mit dem Kursbuch „Kuulostaa Hyvälta -Sounds Good“, aber Tina hat auch immer wieder weiteres tolles Unterrichtsmaterial in den Kurs eingebaut. Zu jedem Kapitel des Textbuches „Kuulostaa Hyvältä“ gibt es zudem ein unterhaltsames Lernvideo (übrigens zu finden auch auf YouTube), von denen wir uns fast jede zweite Stunde eins angeschaut haben. Die lustigen Charaktere, rund um Austauschstudentin Jutta Schneider und ihre finnischen Freunde sowie ihre unterhaltsamen Anekdoten haben mich dabei tatsächlich sehr motiviert, Vokabeln zu lernen.
Und natürlich haben wir auch viel aktiv im Unterricht Finnisch gesprochen. Nach zwei Jahren hatten wir schließlich die komplette Grammatik von den Zeitformen, über Adjektive und Adverbien, die Fälle bis hin zu Satzentsprechungen durch. Zum Abschluss mussten wir dann noch eine Abschlussklausur bestehen. In dieser Zeit des intensiven Finnisch-Lernens hat sich mein Grundschatz an Vokabeln und auch meine Grammatikkenntnisse sehr gefestigt. Darauf kann ich noch heute richtig gut aufbauen.
Ab ins Land: So lernst Du eine Sprache erst richtig!
Im Anschluss an mein Studium ging es dann für ein mehrmonatiges Auslandspraktikum bei der Deutsch-Finnischen Handelskammer nach Helsinki. Denn so konnte ich meinen Finnisch-Grundwortschatz sowie meine Grammatikkenntnisse endlich live anwenden. Das hat echt Spaß gemacht, auch wenn ich damals natürlich nur kurze Sätze verstand und sprechen konnte. Ich kann nur jedem raten, der die finnische Sprache lernen möchte, verbringt eine Zeit lang im Land! Taucht ein in den finnischen Alltag und traut euch vor allem zu sprechen! Die Finnen schätzten das übrigens sehr und werden auch auf Finnisch antworten, wenn sie merken, dass ihr mit Leib und Seele beim Finnisch lernen dabei seid!
Eine gute Möglichkeit dazu bietet beispielsweise ein Auslandsemester, ein Auslandspraktikum oder auch die Teilnahme an einem mehrwöchigen Intensiv-Sprachkurs in Finnland. Letztere gibt es im Rahmen der Kesäyliopisto (finnischen Sommeruniversitäten) auch für Externe an vielen finnischen Universitäten, zum Beispiel an der Universität Tampere oder Helsinki. Es gibt aber auch viele Sprachinstitute, die Intensiv- oder Einzelsprachkurse vor Ort anbieten.
Sprachtandems können helfen
Nach meinem Auslandspraktikum in Finnland zog es mich beruflich schließlich nach Hessen, wo ich eine Zeit lang in Wiesbaden in der Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens der Erneuerbaren Energien gearbeitet habe. Da das Unternehmen damals gerade seinen Markteintritt in Finnland und ein Büro in Helsinki vorbereitete, waren auch viele finnische Kollegen vor Ort. So konnte ich in der Mittagspause Finnisch sprechen und neue Kontakte nach Finnland knüpfen. Außerdem gab es einen firmeninternen Finnischkurs, bei dem ich natürlich sofort motiviert mitmachte. Parallel besuchte ich auch wieder einen Finnischkurs für Fortgeschrittene an der örtlichen Volkshochschule bei Tuija. Das hat sehr viel gebracht, weil wir dort Texte gelesen und über Themen komplett in Finnisch diskutiert haben.
Damals bin ich dann auch in die Deutsch-Finnische Gesellschaft eingetreten, um neue Finnlandfreunde kennenzulernen. Was mir außerdem sehr geholfen hat, die Sprache zu verbessern, waren Sprachtandems. Diese findet ihr recht gut über einen Aushang an den Universitäten oder eben auch online, über Sprachforen oder auch über die Social Media (z.B. über Facebook-Gruppen). Allerdings war da oft das Problem, dass meine Sprachlernpartner meist besser Deutsch als ich Finnisch sprachen und so unterhielten wir uns überwiegend in Deutsch. Daher ist es bei der Auswahl eines Sprachtandems immer wichtig, dass beide Sprachpartner auf dem gleichen Niveau der jeweiligen Fremdsprache sind.
Spaß beim Lernen und Kontinuität sind wichtig!
Was mir sonst noch beim Finnisch lernen vor allem beim Vokabellernen geholfen hat, ist Liedtexte von Bands aus Finnland zu übersetzen, die in Finnisch singen. Allerdings ist das meist nicht ganz so einfach, und eher etwas für fortgeschrittene Finnisch Lerner, weil in Liedtexten ebenso wie in Lyrik und Gedichten viel mit Metaphern gearbeitet wird. Aber es macht natürlich richtig Spaß! Und Spaß beim Lernen ist meiner Meinung nach sehr wichtig, um auch am Ball zu bleiben. Ein sehr hilfreiches Tool neben dem Dictionary, das euch bei der Übersetzung von Lyrics helfen kann, ist übrigens das Übersetzungstool „deepl“, obwohl ihr das wirklich nur als Unterstützung nehmen solltet, denn wie gesagt, Liedtexte sind oft nicht „einszueins“ übersetzbar.
Ansonsten habe ich mir für das Jahr 2022 vorgenommen jeden Tag einen kurzen Artikel in Finnisch zu lesen. Dafür eignen sich zum Beispiel die „Yle Uutiset Selkosuomeksi“, also Nachrichten aus Finnland in einfachem Finnisch, bei denen auch einzelne Vokabeln erklärt werden. Außerdem nutze ich derzeit die App Duolingo zum Vokabeln auffrischen. Darüber hinaus gibt es auch einige gute Online-Portale zum Finnischlernen wie „Tavataan Taas!“, „Supisuomea“ oder „Uusi kielemme – Finnish for Busy People“, die sich auch recht gut zum Finnisch lernen eignen.
Und kleiner Tipp zum Schluss: Lasst euch nicht entmutigen! Es kommt beim Finnisch lernen immer wieder vor, dass ihr eine Zeit lang auf einem Level verharrt. Macht einfach weiter! Das ist ganz normal! Wichtig beim Sprachenlernen ist vor allem Regelmäßigkeit. Nehmt euch jeden Tag mindestens für eine Viertelstunde Zeit, lernt ein paar Vokabeln oder lest einen kurzen, finnischen Text. Und ihr werdet sehen, dass ihr ganz schnell Fortschritte im Finnischen machen werdet!
Viele weitere, nützliche Tipps zum Finnisch habe ich euch unter hier zusammengestellt!
Meine Linkssammlung zum Finnisch lernen mit ganz vielen nützlichen Tipps
- Finnisch ist EINFACH anders! – Meine Tipps zum Finnisch lernen
(Meine Linksammlung mit vielen weiteren Tipps zum Finnischlernen)
Weitere Links zum Thema „Finnisch lernen“
- Finnisch ist EINFACH anders – Die finnische Wortbildung verständlich erklärt
(Gastbeitrag von Yvonne Bindrim vom Institut der Fennistik der Uni Greifswald) - Ordcap.de: DIE Sprachschule für nordische Sofasprachkurse
(Online-Unterricht auch für Finnisch) - Finnisch lernen leicht gemacht mit Sprachkursen am OBS!-Sprachinstitut
- Yksi, kaksi, kolme – Fennistik studieren an der Universität Köln
- Finnisch lernen am Finnland-Institut Berlin
- Kaikki.de (Das Finnischlernforum im Internet)
- Finntastische Filmtipp-Sammlung (dort gibt es auch Tipps für finnische Filme und Serien)
- Puhutko Suomea – Finnisch lernen mit den Finnish Easy Readers von Artemira