Hans-Peter engagiert sich seit mehr als 20 Jahren ehrenamtlich für die Bekanntmachung der samischen Kultur und den Joik in der Schweiz. Er organisiert in unregelmäßigen Abständen in Zürich und Umgebung Joik-Kurse und Konzerte mit samischen Musikern und vernetzt Menschen mit Passion für die indigene Kultur der Samen. Durch die Coronakrise entstand gemeinsam mit Elisabeth Berg und dem samischen Joikkünstler Iŋgor Ántte Áilu Gaup die Idee einen Online-Joik-Kurs auf die Beine zu stellen. Im Interview verrät mir Hans-Peter mehr über sein Ehrenamt und was ihn am Joik und der samischen Kultur so fasziniert.
Ein Herz für den samischen Joik – Interview mit Hans-Peter von Joik in der Schweiz
Finntastic:
Hallo Hans-Peter, schön Dich wiederzusehen. Wir kennen uns von eurem Online-Joik-Kurs. Und da sind wir auch gleich beim Thema: Du bist der Initiator von Joik in der Schweiz. Wo in der Schweiz bist Du zu Hause? Und seit wann engagierst Du Dich für die samische Kultur mit Joik in der Schweiz.
Hans-Peter:
Grüezi miteinander, ebenfalls schön Dich wiederzusehen. Ich wohne in der Nähe von Zürich. Mein Interesse und Engagement für den Joik und die samische Kultur begann 1999, also vor mehr als 20 Jahren, während meines Auslandssemesters in Joensuu. Mir fiel damals in der Bibliothek die erste Platte „Wimme“ von Wimme Saari in die Hände. Das ist ein samischer Joiksänger aus Finnland. Der samische Gesang hat mich einfach gepackt. Und so habe ich begonnen Interviews mit samischen Joik-Künstlern und -künstlerinnen für das Gemeinschaftsradio Radio Lora Zürich zu führen, um von den Samen selbst zu erfahren, was für sie die Essenz des Joikens ist.
Mein erstes Interview war mit der Joiksängerin Ulla Pirttijärvi aus Finnisch-Lappland. Einige kennen sie vielleicht von der Band Angelit Tytöt. 2009 war ich dann zum zweiten Mal auf dem Riddu Riđđu Festival in Nordnorwegen. Das ist ein großes, samisches Musik- und Kulturfestival, dass jedes Jahr Mitte Juli in der kleinen Ortschaft Olmmáivággi, in der Kommune Gáivuotna stattfindet. Dort habe ich an einem Joik-Kurs bei Berit Alette Mienna teilgenommen. Daraus entstand die Idee, die samische Kultur in die Schweiz zu bringen, Sami-Interessierte in der Schweiz zu vernetzen und auch in der Schweiz Joikkurse möglich zu machen. So kam auch der Kontakt zu Klangwelt Toggenburg zu Stande, einem Verein, der sich mit Naturgesängen beschäftigt und der bereits ähnliche Workshops organisiert hatte. Joik in der Schweiz ist also kein richtiger Verein. Es ist mein ganz persönlicher Beitrag, die samische Kultur auch außerhalb Sápmis* bekannter zu machen.
*Anmerkung: Sápmi ist der samische Name für das Gebiet der Samen, das sich über Teile Nordnorwegens (Finnmark), Schwedens, Finnlands und die russiche Kola-Halbinsel erstreckt.
Finntastic:
Wo warst du denn schon überall in Sápmi unterwegs?
Hans-Peter:
Ich war bereits in allen vier Teilen Sápmis unterwegs, vor allem natürlich an den kulturellen Orten, also in den samischen Zentren, wie Jokkmokk in Schweden, in Kautokeino oder Karasjok, in der norwegischen Finnmark und auch im finnischen Inari. Außerdem besuche ich gerne samische Festivals, wie das bereits erwähnte Riddu Riđđu Festival bei Tromsø, oder auch das Ijahis Idja Festival in Inari. Auf den Festivals konnte ich ganz viele tolle Interviews mit samischen Künstlern und -künstlerinnen über den Joik führen. Das Unterwegssein in Sápmi schätze ich sehr. Ich reise viel mit dem Bus. Es gibt zum Beispiel eine gute Busverbindung von Rovaniemi nach Tromsø und auch von Rovaniemi zum Nordkap, wo man an wichtigen samischen Orten vorbeikommt.
Finntastic:
Gibt es einen Ort in Sápmi, den Du unbedingt noch besuchen willst?
Hans-Peter:
Wo ich bereits war, aber unbedingt noch einmal hinmöchte, ist die Kola-Halbinsel in Russland. Das Gebiet gehört auch zu Sápmi und es gibt dort einen Ort namens Lujavr bzw. Lowozero. Das ist das Hauptzentrum der Samen in Russland. Ich war dort bereits einmal im Winter und die Gegend möchte ich mir unbedingt noch einmal im Sommer anschauen. Es ist ein wenig aufwendig dorthin zu kommen. Du musst sehr viel auf dich nehmen für so eine Reise, sehr viel im Vorfeld planen und organisieren, aber das ist es mir wert. Die Reise in den russischen Teil Sápmis war für mich ein echtes Abenteuer.
Die Samen in Russland sind übrigens sehr gut mit den Samen in ganz Sápmi vernetzt, zum Beispiel auch über das Riddu Riđđu Festival. Das Festival ist mittlerweile aber nicht nur ein großes samisches Kulturfestival. Es nehmen auch viele weitere Vertreter indigener Bevölkerungsgruppen der Nordhalbkugel regelmäßig daran teil, zum Beispiel auch aus Nordamerika. Auch Vertreter der Inuit sind jedes Jahr auf dem Riddu Riđđu Festival zu Gast.
Finntastic:
Welche Gemeinsamkeiten kannst Du zwischen den indigenen Völkern der Nordhalbkugel entdecken? Haben Die Inuit auch ähnliche Gesänge wie die Samen?
Hans-Peter:
Was im Grunde alle indigenen Völker gemeinsam haben, ist die Naturverbundenheit, also das Leben von und im Einklang mit der Natur. Aber die Gesänge sind natürlich ganz unterschiedlich, so wie auch die Menschen verschieden sind. Die Inuit haben wie die Samen recht viele Dialekte, aber ihr Gesang ist nicht wirklich mit dem Gesang der Samen vergleichbar.
Finntastic:
Was gefällt Dir an der samischen Kultur und am Joik? Hast Du einen Lieblingsjoik oder einen Samikünstler, dessen Joik Dir besonders gut gefällt?
Hans-Peter:
Was mir am Joik und der Kultur so gut gefällt, ist schwierig in Worte zu fassen. Mich hat einfach der Gesang gepackt. Während meiner Zeit in Joensuu habe ich auch viele Ausflüge nach Finnisch-Lappland gemacht. Auch die Natur hat mich neben der samischen Kultur einfach beeindruckt. Seitdem zieht es mich immer wieder nach Sápmi.
Allerdings war ich bereits viel früher immer wieder mit samischem Joik in Berührung gekommen, zum Beispiel 1989 durch den Song „Gula Gula“ von Mari Boine, was übersetzt ins Deutsche so viel heißt, wie „Hör die Stimme der Vormütter“. Sie ist eine sehr bekannte samische Sängerin. Oder dann 1980 als der norwegische Sänger Sverre Kjelsberg und der samische Joiker Mattis Hætta mit dem Lied „Sámiid ædnan“ den Vorentscheid für den Eurovision Song Contest gewannen, der als Chorus auch Joikgesang enthielt. Und dann gefällt mir, wie schon erwähnt, die Musik von Wimme Saari.
Besonders geprägt haben mich bis heute allerdings die Joiks von Nils-Aslak Valkeapää. Sein samischer Name ist Áillohaš. Er war ein bedeutender Sami-Künstler, Joiker und Sami-Aktivist und hat 1994 die Olympischen Winterspiele im norwegischen Lillehammer mit seinem Joik Dálveleaikkat (Wintergames) eröffnet. Leider ist er früh verstorben, aber er hat der Welt eine Menge toller Joiks hinterlassen, zum Beispiel „Biegga„, den Windjoik oder Dávas, den Nordwärds-Joik die mir beide sehr gut gefallen.
Finntastic:
Mit der samischen Kultur verbindet Dich aber noch weitaus mehr. Du hast sogar einen eigenen Joik geschenkt bekommen.
Hans-Peter:
Ja genau, das war damals während eines Joik-Events auf der Farneralp. Es war ein wirklich schöner Frühsommertag. Die Sonne schien und wir hatten einen Tag frei. Áilloš, also unser samischer Joiklehrer Iŋgor Ántte Áilu Gaup, und ich sind an diesem Tag ein wenig gewandert. Wir waren entspannt und in der Pause hat Áilloš mit Joiken begonnen. Und aus dieser Improvisation heraus ist mein ganz persönlicher Joik entstanden. Die Melodie ist für mich zu einem Begleiter geworden und macht mir jedes Mal Freude, wenn ich sie höre. Natürlich könnte ich meinen Joik auch selber joiken, aber es ist natürlich besonders schön, wenn jemand anders das macht und sich so an mich erinnert.
Finntastic:
Hat Dein Joik auch eine bestimmte Bedeutung? Und joikst Du auch selbst gerne?
Hans-Peter:
Ein persönlicher Joik spiegelt immer die Identität einer Person wider. Er begleitet den Menschen während seines Lebens. Es ist daher ein ganz besonderes Geschenk, eine große Ehre, einen eigenen Joik gewidmet zu bekommen. Grundsätzlich hat ein Joik nicht unbedingt einen Text. Es geht vielmehr um die Melodie, also um die Töne und die Emotionalität der Melodie, die in diesem persönlichen Joik dann die Person, der er gewidmet ist, widerspiegelt.
Der Text für meinen Joik kam erst viel später dazu. Das haben wir vor kurzem in unserem Joik-Kurs gemacht. Ich konnte selbst auch ein paar Ideen beisteuern. Der Text heißt übersetzt aus dem Samischen so viel wie „tanzender Elf und Freund der Natur“. Aber der Text ist wie gesagt nicht der Hauptteil, sondern die Melodie des Joiks, also die pentatonische Abfolge von Tönen. Wir hatten sehr viel Freude bei der Entwicklung des Joiks und das spiegelt sich auch in einer sehr fröhlichen Melodie wider. Das wiederum passt gut zu meiner Persönlichkeit, denn zu Joiken macht mir einfach Freude. Es ist mittlerweile zu meinem Hobby geworden. Ich kann so auch wunderbar entspannen.
Finntastic:
Erzähl uns noch ein wenig genauer: Was ist Joik?
Hans-Peter:
Ich bin kein Musikwissenschaftler und kann euch den Joik daher nur aus meiner eigenen Erfahrung beschreiben. Der Joik ist ein samischer Kehlgesang, ein spiritueller Gesang, der aus pentatonischen Lauten besteht. Er ist sozusagen die Volksmusik der Samen und ein wichtiger Bestandteil ihrer Kultur. Er wird oft auch von samischen Trommeln begleitet oder auch in Gemeinschaft gesungen. Jedenfalls entsteht er immer draußen in der Natur. Er ist eine Art gesangliches Erinnern. Man joikt zum Beispiel einen Verstorbenen, aber auch gute Freunde, Tiere oder die Landschaft, zum Beispiel weil man sie vermisst.
Es gibt übrigens ganz verschiedene samische Dialekte, in denen gejoikt wird zum Beispiel in Nord- oder Südsamisch. Das Wort „juoigan“ ist samisch und beschreibt, wie die Samen singen. Die Finnen haben das Wort adoptiert und sagen „Joik“. Im Samischen heißt der Joik „luohti“. Es gibt auch samische Gruppen, die Lieder haben, wie die Samen in Russland. Im Zuge der Christianisierung wurde den Samen der Joik und auch ihre Kultur lange Zeit verboten. Seit den 1970er-Jahren hat sich allerdings ein samisches Nationalbewusstsein ausgeprägt und sich so zum Glück auch ihre Kultur und der Joik erhalten. Viele junge Samen tragen heute mit Stolz ihre Trachten und pflegen ihre Traditionen und den Joik.
Finntastic:
Wie schwierig ist es, das Joiken zu lernen?
Hans-Peter:
Du lernst das Joiken im Grunde einfach durch Zuhören und Ausprobieren, also durch üben, üben, üben. Das dauert am Anfang eine Weile, bis du den Zugang dazu gefunden hast. Aber es ist nicht per se schwierig. Am besten ist es natürlich, wenn du es von einem erfahrenen Joiker wie unserem Áilloš lernst, aber natürlich kannst du es auch im Selbststudium versuchen. Es gibt einige gute Joiks auf Youtube zum Beispiel den Joik Normo-Jovnna aus dem Album “Čálliid lágádus, Piera juoigá” von Piera Balto aus dem Jahr 1978.
Finntastic:
Und welchen Unterschied gibt es Deiner Meinung nach zum Beispiel zum Jodeln, das ja auch eine Art Kehlgesang ist?
Hans-Peter:
Es gibt verschiedene Jodeldialekte. Ich kenne vor allem den Naturjodel aus der Gegend wo ich wohne. Sicher haben Joik und auch das Jodeln eine ähnliche pentatonische Grundlage, denn es sind beides „Naturtöne“. Aber technisch sehe ich keine großen Gemeinsamkeiten, vor allem weil das Jodeln einen Wechsel von Kopf- zu Bruststimme besitzt. Das gibt es beim Joik nicht. Der Joik ist eben ein Kehlgesang.
Finntastic:
Ich habe mir vor kurzem den Film „Das Mädchen aus dem Norden“ angeschaut. Ein sehr berührender Film, über die Zeit der Unterdrückung der Samen in Schweden. Du besitzt eine umfangreiche Sammlung an Literatur und Filmen über die samische Kultur und den Joik. Hast Du noch einen weiteren Buch- oder Filmtipp für uns?
Hans-Peter:
Das Mädchen aus dem Norden ist auf jeden Fall ein sehr sehenswerter Film. Wer sich für die Kultur der Samen interessiert, dem würde ich außerdem die Literatur von Robert Crottet und Hans-Ulrich Schwaar empfehlen. Robert Crottet fuhr nach dem zweiten Weltkrieg in die Region Inari und hat dort samische Märchen gesammelt und in Mitteleuropa bekannt gemacht. Und Hans-Ulrich Schwaar hat ethnographische Bücher über Näkkälä, ein Samidorf in Finnisch-Lappland, in der Nähe von Hetta/Enontekiö geschrieben. Ein deutsches Buch, das wohl gut erhältlich ist, weil es eine große Auflage hatte, ist „Klingende Wildnis“ von Erich Wustmann.
Das kam 1956 in der DDR heraus. Erich Wustmann hat viel Reiseliteratur geschrieben. In seinem Buch beschreibt er, wie er während des Krieges in Nordnorwegen mit der samischen Kultur in Berührung kam, auf der Flucht vor dem Militärdienst. Er hat in dieser Zeit auch das Joiken gelernt. Und als Filmtipp kann ich euch den Film „Pathfinder“ von Nils Gaup empfehlen. Das ist ein guter Einstieg in die samische Kultur. Nils Gaup ist selbst Same und ich schätze all seine Filme. Leider sind nicht alle in Deutsch erhältlich. Aber Pathfinder solltet ihr problemlos bekommen, denn sein Film wurde damals auch für den Oskar nominiert. Im Film spielen übrigens auch viele samische Schauspieler mit und auch samische Joiker sind darunter, zum Beispiel unser Joiklehrer Iŋgor Ántte Áilu Gaup.
Finntastic:
Wie kamst Du auf die Idee Joik-Workshops in der Schweiz anzubieten?
Hans-Peter:
Also mein Vorbild war im Grunde der Riddu Riđđu Joikkurs von Berit Alette Mienna, wo man eben nicht nur zuhört, sondern auch aktiv mitmacht. Die Teilnehmer lernen dort aktiv durch Ausprobieren den Joik kennen. Und so habe ich mich in der Schweiz umgehört, mit wem wir solche Joikkurse organisieren können. Einer unserer Partner ist Klangwelt Toggenburg oder auch das NONAM, also das Nordamerika Native Museum in Zürich. Es gibt also von Joik in der Schweiz keine regelmäßigen Kurse, sondern es ist eine lose Folge von Workshops, die entweder wir oder andere organisieren.
Die Joik-Kurse finden immer an einem schönen Ort statt, meistens in der Natur, zum Beispiel in einem Seminarhaus in den Alpen. Es gab aber auch schon Kurse direkt in Zürich, je nach Gelegenheit. Und was eben wichtig für unsere Kurse ist, dass wir immer jemanden für die Übersetzung vom Samischen oder Norwegischen ins Deutsche oder in den Schweizer Dialekt dabeihaben. Das hat sich sehr bewährt. In all dem unterstützt uns seit einiger Zeit Elisabeth Berg. Sie war viele Jahre Dozentin für Norwegisch an der Uni Zürich.
Finntastic:
Und wie ist der Kontakt zu Elisabeth entstanden?
Hans-Peter:
Elisabeth war schon durch ihre Dozententätigkeit an der Uni Zürich immer wieder mit dem Thema Samikultur in Berührung gekommen. Sie hatte auch bereits einige samische Gäste zu Gast, zum Beispiel Harald Gaski, einen samischen Schriftsteller und Professor für samische Literatur an der Universität Tromsø oder den samischen Joik-Sänger Ánde Somby. Irgendwann habe ich Elisabeth gefragt, ob sie ein wenig Werbung für unsere Joikkurse machen kann.
Sie war sofort sehr interessiert und hat gleich beim nächsten Joik-Workshop in Feldis teilgenommen. Damals war noch ein anderer Übersetzer dabei, der dann zwei Jahre später aufhören musste, weil er aus der Schweiz weggezogen ist. Und so kam ich auf die Idee Elisabeth zu fragen, ob sie das Übersetzen in den Workshops übernehmen kann. Darüber hat sie dann auch Áilloš kennengelernt und mich nach und nach bei der Organisation von Kursen und auch bei der Betreuung der Facebook-Seite unterstützt.
Finntastic:
Wie hat euch die Coronakrise getroffen?
Hans-Peter:
Leider hat uns Corona einen dicken Strich durch unsere Pläne gemacht. Wir hatten für den nächsten Joikkurs im letzten Jahr ein Tipi-Camp bzw. Indianerlager angemietet. Das hat sich unser Joiklehrer Áilloš gewünscht. Aber das mussten wir leider absagen, genauso wie all die weiteren Veranstaltungen. Umso dankbarer bin ich, dass uns Elisabeth dabei unterstützt hat, mit Áilloš einen Online-Joikkurs über Zoom auf die Beine zu stellen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Elisabeth für all die organisatorische Unterstützung und natürlich auch an Áilloš, dass er das Experiment gewagt hat!
Finntastic:
Und wie kam der Kontakt mit Áilloš und Berit Alette Mienna zu Stande?
Hans-Peter:
Berit kenne ich wie gesagt von ihren Joik-Workshops auf dem Riddu Riđđu Festival, an denen übrigens jeder teilnehmen kann, der sich rechtzeitig anmeldet. Ich habe Berit damals an Klangwelt Toggenburg empfohlen. Und nachdem wir ein paar Jahre erfolgreich die Joik-Workshops mit Klangwelt Toggenburg organisiert haben, habe ich mich nach einem weiteren Joik-Lehrer umgeschaut. Und so ist mir Áilloš aufgefallen, der auch schon Joik-Workshops in Litauen gegeben hat. Auf Youtube gibt es sogar eine Aufzeichnung von einem dieser Joik-Workshops.
Ich habe ihn dann direkt kontaktiert und wir haben telefoniert. Und ich finde er ist der perfekte Joik-Lehrer, weil er eben wirklich an der Essenz des Joikens interessiert ist und eben auch bereit und geeignet ist, das Wissen über den Joik uns Mitteleuropäern zu vermitteln.
Finntastic:
Und wie ist der Online-Joik-Kurs bei den Teilnehmern angekommen?
Hans-Peter:
Wie es aussieht, ist der Online-Joik-Kurs bei den Kursteilnehmern sehr gut angekommen. Besonders gut hat den Teilnehmern gefallen, dass wir richtig intensiv in die Technik des Joikens eingetaucht sind. Leider konnten wir aufgrund der Zeitverzögerung nicht alle zusammen über Zoom joiken, aber toll ist, dass wir so eine recht internationale Gruppe geworden sind. Bei den letzten beiden Kursen waren Leute aus Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden, Schweden, Israel und auch aus den USA mit dabei. Und wir haben festgestellt, dass das Internet gar nicht so unpersönlich ist. Mittlerweile gibt es bereits einen kleinen festen Kern, der immer wieder dabei ist und der sich auch schon für unseren nächsten Online-Joikkurs, der am 11. April startet, angemeldet hat. Wichtig für die Teilnahme an unseren Kursen ist natürlich, dass du dich auf das Joiken einlässt, aber das ist beim Joik-Kurs vor Ort ja nicht anders. Es sind übrigens noch Plätze frei. Wer also Lust hat, sich im Joiken zu probieren, kann sich noch bis zum 10. April 2021 anmelden.
Finntastic:
Ihr veranstaltet auch Joik-Konzerte und andere Veranstaltungen? Welche Sami-Künstler hattet ihr bereits zu Gast?
Hans-Peter:
Ja, neben den Joik-Kursen organisieren wir in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen auch weitere Events zum Thema Sami-Kultur und Joik. Zum Beispiel war im letzten Jahr mit dem NONAM ein Künstlergespräch mit der samischen Sängerin Mari Boine geplant, für das sich Interessierte anmelden konnten. Das sollte im Anschluss an das Konzert in Zürich stattfinden. Leider konnte nun alles coronabedingt nicht stattfinden. Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben, schauen wir, was die Zukunft bringt.
Die meisten Joik-Konzerte, die wir organisieren sind Konzerte mit unseren Joik-Künstlern, die auch die Joik-Workshops geben. Wir hatten schon richtig tolle Gipfelkonzerte, wo Áilloš zum Beispiel auf einer Alm ein Joik-Konzert gegeben hat. Das war natürlich aufgrund der Akustik wirklich beeindruckend. Und die Konzertbesucher mussten für das Konzert auch erst eine halbe Stunde zur Alm hochwandern. Das war somit eine ganz besondere Atmosphäre.
Finntastic:
Welche Pläne habt ihr für dieses Jahr mit Joik in der Schweiz?
Hans-Peter:
Da gibt es einige. Zum einen möchte ich unbedingt den Joik-Workshop in dem Tipi-Camp realisieren. Und je nachdem wie sich die Situation entwickelt, können wir vielleicht noch weitere Veranstaltungen durchführen. Wir haben da schon einige Ideen. Vielleicht können wir auch ein oder zwei Events in Deutschland veranstalten. Ansonsten plane ich auf jeden Fall im nächsten Jahr wieder zum Riddu Riđđu Festival zu fahren. Für dieses Jahr habe ich zwar ein Ticket, aber ich glaube nicht, dass ich einreisen kann. Was schon sehr schade ist, weil das Festival bereits im letzten Jahr 30 Jahre alt wurde und man die Feierlichkeiten in diesem Jahr nachholen möchte. Da wäre ich sehr gerne dabei gewesen.
Finntastic:
Vielen, herzlichen Dank, dass Du uns mehr über Dein Engagement für den Joik erzählt hast. Ich mach auf jeden Fall bei eurem nächsten Joik-Kurs mit.
Hans-Peter:
Leage buorre, gern geschehen. Und schön, dass Du wieder mit dabei bist. Wenn Corona vorbei ist, komm uns gerne in der Schweiz besuchen.
Über Joik in der Schweiz
Joik in der Schweiz entstand auf Initiative von Hans-Peter und sein Interesse für die samische Kultur und Musik, den Joik. Während seines Studiums der Waldökologie und Ethnographie verbrachte er zwei Semester im finnischen Joensuu. Dort fiel ihm eine Schallplatte des samischen Joik-Sängers Wimme Saari in die Hände. Seitdem schlägt sein Herz für die samische Kultur und den Joik. Ihm wurde sogar bereits ein eigener Joik gewidmet, was in Sami-Kreisen eine große Ehre bedeutet.
Joik in der Schweiz bietet in unregelmäßigen Abständen Joik-Kurse in Zürich und Umgebung an. Seit 2017 wird Hans-Peter in der Organisation der Joik-Kurse von Elisabeth Berg unterstützt. In Zusammenarbeit mit weiteren Organisationen wie der Klangwelt Toggenburg oder dem NONAM, dem Nordamerika Native Museum in Zürich, kommen auch immer wieder weitere Events wie Konzerte mit samischen Joik-Künstlern zu Stande. Seit der Coronakrise gibt es einen Online-Joik-Kurs mit den samischen Joiker Iŋgor Ántte Áilu Gaup. Der nächste Online-Joik-Workshop startet am 11. April 2021. Die Kosten pro Teilnehmer betragen 160 Euro für acht Doppelstunden. Die Anmeldung erfolgt per Mail an Elisabeth Berg (elisabethberg1000@gmail.com).
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(VIDEO: Elisabeth Berg/Joik in der Schweiz) Iŋgor Ántte Áilu Gaup freut sich über das große Interesse an der samischen Kultur und am Joik. Für alle, die die Technik des samisches Kehlgesangs erlernen möchten, sind die Online- Kurse von Joik in der Schweiz ideal.
Weitere Informationen zu Joik in der Schweiz unter www.joik.ch und auf Facebook. Wer regelmäßig Informationen zur samischen Kultur und zu den Events sowie Joik-Kursen in der Schweiz erhalten möchte, kann über die Webseite von Joik in der Schweiz auch einen Newsletter abonnieren. Zudem hat Hans-Peter für alle Joik-Fans auf YouTube eine tolle Playlist mit samischer Musik zusammengestellt.