goEast-Filmfestival: Indigener Film – Werke von Lehmuskallio und Lapsui

(Collage. Finntastic, Plakat GoEast-Filmfestival, Foto: Finntastic)
(Collage. Finntastic, Plakat GoEast-Filmfestival, Foto: Finntastic)

Im April fand das goEast-Filmfestival in ausgewählten Wiesbadener Kinos wie dem Murnau-Filmtheater und im Caligari sowie im Deutschen Filminstitut und Filmmuseum Frankfurt (DFF) statt. Seit 2001 wird das u.a. vom Kulturfond Frankfurt-RheinMain unterstützte Kinoprogramm veranstaltet, um unterrepräsentierte Kunstformen des Films und weniger bekannte Filmemacher aus Mittel- und Osteuropa zu würdigen. Das Festival widmete sich 2025 schwerpunktmäßig dem indigenen Film und zeigte ausgewählte Filme des finnisch-nenzischen Regieduos Markku Lehmuskallio und Anastasia Lapsui sowie weitere renommierte Filme aus Mittel- und Osteuropa sowie der postsowjetischen Zeit.

goEast-Filmfestival 2025: Hommage an Markku Lehmuskallio und Anastasia Lapsui

Das Filmplakat des GoEast-Filmfestivals auf der Kinoleinwand im Wiesbadener Caligari vor einer der Filmvorführungen.
(FOTO: goEast-Filmfestival) Ende April fand in Wiesbaden und Frankfurt erneut das GoEast-Filmfestival statt. Dieses Mal lag der Fokus auf indigenen Filmen.

Auch das Filmplakat der 25. Jubiläumsausgabe des GoEast-Festivals macht den diesjährigen Schwerpunkt sichtbar: Es zeigt eine Nenzin in typischer Tracht im Schnee. Das Foto wurde 2016 in Sibirien auf der russischen Halbinsel Jamal aufgenommen und stammt von der Fotografin Alegra Ally, die für ihre Porträts indigener Frauen weltweit bekannt ist. Als Hommage an das finnische-nenzische Regisseurduo Markku Lehmuskallio und Anastasia Lapsui wurden acht ihrer Dokumentarfilme sowie ein sehr informatives Werkstattgespräch mit den beiden Filmemachern gezeigt, für das Kurator Olaf Möller sogar extra nach Helsinki reiste.

Denn mit über 80 Jahren fällt den Filmemachern das Reisen verständlicherweise nicht mehr ganz so leicht. Dennoch glänzten Lehmuskallio und Lapsui im Interview mit großartigem Wissen, lebhaften Erinnerungen an die zahlreichen Dreharbeiten ihrer gemeinsamen Filme und einer guten Portion Humor. Am Ende des Interviews gab Anastasia Lapsui außerdem eine beeindruckende, traditionelle Gesangseinlage zum besten, bei der sie sich auf der traditionellen Trommel der Nenzen begleitete.

Große Eröffnung mit georgischem Stummfilm untermalt mit Musik aus Finnland

Chemi Bebia: Ein Stummfilm des georgischen Regisseurs Kote Mikaberidze.
(FOTO: goEast-Festival) Zur Eröffnung wurde der Stummfilm Chemi Bebia des georgischen Regisseurs Kote Mikaberidze gezeigt, der von der finnischen Experimental-Band Cleaning Women musikalisch untermalt wurde.

Alle Filme des GoEast-Festivals wurden im jeweiligen Original mit Untertiteln gezeigt. Eröffnet wurde das diesjährige Festival mit dem georgischen Stummfilm Chemi Bebia (dt.: Meine Großmutter) aus dem Jahr 1929 des georgischen Regisseurs Kote Mikaberidze. Der Schwarz-Weiß thematisiert die allgegenwärtige Bürokratie und Überwachung des sowjet-stalinistischen Staatsapparats in einer interessanten Mischung aus Realfilm, Stop-Motion-Animation, Puppenspiel, ungewöhnlichen Kameraperspektiven sowie Slapstick-Komödie.

Zur Handlung: Ein entlassener Beamter versucht mithilfe einer sogenannten „Großmutter“ einen Job zu bekommen, bevor seine Frau merkt, dass er arbeits los ist. Doch das Ganze geht nach hinten los, denn im Empfehlungsschreiben der „Großmutter“ stehen viele negative Dinge über ihn, sodass es mit dem Job schwierig wird. Tatsächlich hat der hier verwendete Großmutterbegriff rein gar nichts mit fürsorglichen Großmüttern zu tun. Der georgische Begriff „Bebia“ bedeutet im Tiflis-Jargon der Stalinzeit so viel wie „Protektion“ und den Schutz durch jemanden mit entsprechenden Einfluss und Kontakt bis in die Führungsriege.

Mikaberidzes Avantgarde-Stummfilm war in der Sowjetunion mehrere Jahrzehnte lang verboten, zählt heute jedoch zu den beliebtesten satirischen Kommentaren über diese Zeit.

Das Besondere an der Eröffnungsvorführung des Stummfilms war, dass er mit Musik der Band „Cleaning Woman“ untermalt wurde. Die finnische Experimentalband ist bekannt für ihre selbstgebauten Instrumente, die beispielsweise aus zerlegten Haushaltsgeräten oder aus weggeworfenem Material bestehen. Mit ihrem originellen, cineastischen Science-Fiction Sound und tanzbaren Rhythmen begeisterten sie bei der Eröffnung nun auch das Publikum in der hessischen Landeshauptstadt.

Der Zufall wollte es so: Das Regisseur-Duo lernte sich bei Dreharbeiten in Jamal kennen

Das Bild zeigt das Regisseur-Duo Anastasia Lapsui und MarkkuLehmuskallio, wie sie in die Kamera lächeln.
(FOTO: goEast-Filmfestival) Das finnisch-nenzische Filmemacherduo Markku Lehmuskallio und Anastasia Lapsui gehört zu den Pionieren des indigenen Dokumentarfilms. Gemeinsam haben sie zahlreiche Dokumentarfilme über indigene Kulturen gedreht.

Markku Lehmuskallio und Anastasia Lapsui zählen zu den Pionieren des indigenen Kinos im postsowjetischen Raum: Kein anderes Filmemacher-Duo hat sich so intensiv mit den Kulturen der indigenen Völker der arktischen Tundra und Lapplands sowie der Kolonialgeschichte Sibiriens befasst.

Gemeinsam drehten sie mehr als sieben Langfilme. Der Finne und die Nenzin hatten sich 1993 bei den Dreharbeiten zu Lehmuskallios Dokumentarfilm „Poron hahmossa pitkin taivaankaarta“ (zu Deutsch: In Rentiergestalt über das Himmelsgewölbe), einer dreiteiligen Dokumentation über die Nenzen in Sibirien (Teil 2: Paradise Lost, Teil 3: Chronicles of Farewell, –> siehe Filmchronik), kennengelernt und in einander verliebt. „Anastasia wurde mir damals als lokale Fremdenführerin und Ansprechpartnerin während der Dreharbeiten zugeteilt“, erinnert sich Lehmuskallio im Werkstattgespräch. So habe man sich kennengelernt.

Gemeinsam mit Markku Lehmuskallio zählt Anastasia Lapsui zudem zu den ersten Filmemachern, die Dokumentarfilme über die russische Kolonialgeschichte aus der Perspektive indigener Völker drehten. Neben der Kultur der Nenzen beschäftigte sich das Filmemacher-Duo mit neun weiteren indigenen Kulturen, darunter weitere Völker Sibiriens, Nordkanadas und Skandinaviens (Samen), denen sie ebenfalls ausdrucksstarke Dokumentarfilme widmeten.

Das Programmheft GoEast-Filmfestival 2025 mit Informationen zu den Filmen von Lehmuskallio und Lapsui.
(FOTO: goEast-Filmfestival) Neben ausgewählten Filmen von Lehmuskallio und Lapsui zeigt das GoEast-Filmfestival auch ein sehr interessantes Interview mit dem bekannten Regisseurduo.

Gemeinsam drehten sie den ersten Dokumentarfilm in nenzischer Sprache

Ihr erster gemeinsamer Dokumentarfilm „Skierri – Land of the Dwarf Birches“ aus dem Jahr 1982 (finn. Skierri – Vaivaskoivujen maa) war einer der ersten Dokumentarfilme in samischer Sprache, der die samische Kultur aus der Perspektive der Samen zeigte. Anschaulich verbinden Lehmuskallio und Lapsui in all ihren Dokumentarfilmen die jeweilige indigene Kultur und das Alltagsleben des indigenen Volkes mit traditionellen Volksmärchen und spirituellen Bräuchen.

Ihr Film „Seven Songs from the Tundra“ (finn.: Seitsemäs laulau tundrulta, 1999) ist der erste Spielfilm, der in nenzischer Sprache gedreht wurde. Er bietet einen tiefen Einblick in die Kultur der Nenzen und erhielt auch international große Anerkennung. Im „The Last of the Sami“ (2004) setzte sich das Regisseur-Duo mit der samischen Kultur und den Herausforderungen auseinander, mit denen das indigene Volk im hohen Norden durch die Moderne konfrontiert ist. Im Film „Pudana – Last of the Line(2009) wird die Geschichte einer Nenzen-Familie erzählt, die von den Veränderungen durch die sowjetische Politik betroffen ist.

Alle Filme von Lapsui und Lehmuskallio sind von einem tiefen Respekt gegenüber der Natur und der jeweiligen indigenen Kultur geprägt. Oft wird eine Mischung aus dokumentarischen und fiktionalen Elementen verwendet, um die Geschichte dieser Menschen authentisch zu erzählen. Neben Identität, Kultur und kulturellem Erbe ist auch immer der Einfluss der modernen Welt auf die traditionelle Lebensweise der indigenen Völker Thema ihrer Filme.  

Seven Songs from the Tundra: Dokumentarfilm von Anastasia Lapsui und Markku Lehmuskallio.
(FOTO: goEast-Filmfestival)

Anastasia Lapsui – Radio-Journalistin, Drehbuchautoren und Regisseurin

Anastasia Lapsui wurde 1944 als Tochter einer Nomadenfamilie auf der russischen Jamal-Halbinsel in der damaligen Sowjetunion, dem heutigen Nordwestsibirien, geboren. Sie gehört zum Volk der Yamalo-Nenzen, einer indigenen Volksgruppe, die auf der russischen Jamal-Halbinsel lebt. Heute lebte sie mit ihrem Mann, dem Regisseur Markku Lehmuskallio in Helsinki.

Lapsui studierte von 1963 bis 1966 an der staatlichen Universität Ural und am Pädagogischen Institut von Salechard. Zu Beginn ihrer Karriere arbeitete sie als Radiomoderatorin und schrieb parallel dazu eigene Drehbücher. Später widmete sie sich gemeinsam mit Markku Lehmuskallio neben dem Drehbuchschreiben auch der Regie. Die meisten Drehbücher zu ihren gemeinsamen Filmen stammen aus ihrer Feder. 

In ihren Drehbüchern verarbeitet Lapsui unter anderem auch ihre eigenen Kindheitserfahrungen. Dazu gehören das Leben in einer nenzischen Nomadenfamilie in der weiten Tundra, die erzwungene und traumatisierende Einschulung in einem sowjetischen Internat und der dadurch rdrohende Verlust von Kultur und Identität.

Ähnlich wie bei den Samen in Schweden, Norwegen und Finnland versuchte man in der Sowjetunion die indigene Kultur der Nenzen zu unterdrücken und teilweise sogar auszurotten. Für Lapsui war somit nicht nur das Radio, sondern auch der Film ein geeignetes Medium, um ihr kulturelles Erbe unter dem Sowjeteregime zu bewahren.

Der gemeinsame Dokumentarfilm „Travelling“ (finn.: Matka) aus dem Jahr 2007 hat für die nenzische Regisseurin und Drehbuchautorin daher eine ganz besondere Bedeutung: „Darin stelle ich meine Sicht auf unsere Religion und das Jenseits dar“, erzählt sie in einem Interview mit dem Helsingin Sanomat im Jahr 2007 (siehe: Anneli Ahonen, Oman kansansa tiennäyttäjä. Helsingin Sanomat, 25.07.2007, S. C6).

Für ihre Werke wurde Anastasia Lapsui bereits mit diversen Filmpreisen ausgezeichnet, darunter auch der renommierte finnische Jussi-Filmpreis in der Kategorie „Bester Film des Jahres 2001“ sowie mit der Suomi-Palkinto-Filmpreis (2009).

Matka: Ein Dokumentarfilm von Anastasia Lapsui und Markku Lehmuskallio
(FOTO: goEast-Filmfestival) Filmausschnitt aus dem Dokumentarfilm Matka.

Markku Lehmuskallio: Ein Filmemacher aus Finnland und seine Naturverbundenheit

Markku Lehmuskallio wurde 1938 in Rauma, Finnland geboren. Er zählt zu den bekanntesten Dokumentarfilmern Finnlands und erhielt für seine Arbeiten über indigene Kulturen und die enge Beziehung zwischen Mensch und Natur auch im Ausland große Anerkennung. Seine Filme, darunter der Dokumentarfilm „The Raven’s Dance“ aus dem Jahr 1980 (zu Deutsch: Rabentanz), wurde bereits auf zahlreichen internationalen Filmfestivals gezeigt.

Für seine Werke, wie den 1991 erschienen Dokumentarfilm „I am“ (finn.: Minä olen), in dem er die spirituelle Verbindung indigener Kulturen zur Natur untersucht, sowie für die gemeinsamen Filme mit Anastasia Lapsui, wurde Lehmuskallio bereits vielfach international ausgezeichnet. Neben Dokumentarfilmen hat Lehmuskallio auch Spielfilme gedreht, zum Beispiel das bereits erwähnte Nenzen-Drama „Sieben Lieder aus der Tundra“, das mit dem finnischen Jussi-Film-Preis und den Pressepreis des Pariser Filmfestivals ausgezeichnet wurde.

Ursprünglich ist Markku Lehmuskallio ausgebildeter Forstingenieur. Die Initialzündung für seine Tätigkeit als Regisseur resultierte aus einem Schicksalsschlag heraus. „Ich habe damals meine komplette Wohnung und all mein Hab und Gut bei einem großen Hausbrand verloren“, erzählt Lehmuskallio im Werkstattgespräch. Bis dahin hatte er nur leidenschaftlich gerne fotografiert hat.

Mit dem Geld aus der Versicherung kaufte sich Markku Lehmuskallio damals seine erste 16-mm-Filmkamera und begann, sich in die Theorie und die Kunst des Filmemachens einzuarbeiten. Zunächst arbeitete er weiterhin als Forstingenieur und drehte parallel dazu Lehrfilme für die Forstwirtschaft, beispielsweise einen Film für Waldbesitzer darüber, wie man Kiefernsetzlinge richtig setzt, sowie zahlreiche Naturfilme für Yle TV2.

1969 erhielt er eine Stelle als Werbefotograf bei Filmitalo Oy. Später wechselte er zunächst zur Produktionsfirma von Aimo Jäderholm und dann zu Filmisyndikaatti. In den 1970er- Jahren war Lehmuskallio neben seinen eigenen Filmprojekten parallel auch als Kameramann für drei Spielfilme tätig. Ab 1973 arbeitete er schließlich als freier Filmemacher und Regisseur.


Filmchronik – Markku Lehmuskallio und Anastasia Lapsui (gemeinsame Filme)

(Hinweis: einige Kurztexte zu den Filmen stammen u.a. auch aus dem Programm-Heft des GoEast-Filmfestivals)

Viele Filme von Anastasia Lapsui und Markku Lehmuskallio können aktuell bei Sapmi Film (Abo: 59 Norwegische Kronen/Monat) von Norwegen, Schweden, Finnland, Kanada und Grönland aus gestreamt werden. Leider sind die Filme aufgrund von Geoblocking nicht von Deutschland aus streambar.

In den Filmen von Markku Lehmuskallio werden indigene Kulturen aus ihrer eigenen Perspektive gezeigt.
(FOTO: goEast-Filmfestival) Die Filme von Anastasia Lapsui und Markku Lehmuskallio geben einen Einblick in verschiedene indigene Kulturen. Das besondere: Die Filme zeigen dies aus der Perspektive des jeweiligen indigenen Volkes.

 


FilmtitelJahrRegieInhalte/Thema
Holy
(finn.: Pyhä)
2017Lapsui & Lehmuskallio mit Johannes LehmuskallioIn diesem Dokumentarfilm wird die Bedeutung von Heiligkeit und heiligen Orten in indigenen Kulturen sowie in weiteren Religionen thematisiert.

Es sprechen im Interview u.a. Finnlands ehemalige Präsidentin Tarja Halonen, der Religionswissenschaftler Risto Pulkkinen sowie der emeritierte Bischof Wille Riekkinen.

Tsamo
(finn.: Matka, eng. Travelling)
2015Lapsui & LehmuskallioDer Film zeigt das Leben in der russischen Kultur aus der Sicht eines Tlingit-Mädchen im Alaska der 1860er-Jahre.

Der Film spielt in Alaska, als das Land noch zu Russisch-Amerika gehörte. Simon, ein Bergbauingenieur aus dem finnischen Teil des Zarenreichs, kauft das Tlingit-Mädchen Tsamo und nimmt sie mit in seine Heimat.

Er versucht, ihr seine Kultur näherzubringen, doch sie sieht die Welt durch die Augen ihrer eigenen Kultur. Ein Film von großer formaler Strenge und exquisiter visueller Schönheit, der vom Scheitern des kulturellen Miteinanders erzählt.

Eleven Images of a Human
(finn.: Yksitoista ihmisen kuvaa)
(dt. Elf Menschenbilder)
2012Lapsui & LehmuskallioDer Film mit dem Titel „Elf Menschenbilder“ untersucht die Menschheit anhand von in Felsen gemeißelten oder gemalten Bildern.
Pudana – Last of the Line
(finn.: Sukunsa viimeinen)
2010Lapsui & LehmuskallioEin Dokumentarfilm über Veränderung, Erziehung und Identitätsverlust:

Der Film spielt zur Sowjet-Zeit auf der russischen Jamal-Halbinsel und basiert auf einer wahren Geschichte aus dem Umfeld der Kindheit der Regisseurin Anastasia Lapsui. Er erzählt in Rückblenden die Geschichte der kleinen Neko, die gegen ihren Willen in ein weit entferntes russisches Internat ziehen muss. Man nimmt ihr ihren Namen und ihre Lebensgewohnheiten und zwingt sie, eine folgsame Russin zu werden.

Irgendwann flieht das Mädchen zurück zu ihrer Familie in die Tundra. Doch sie kann den Untergang ihres Volkes nicht aufhalten. Die Geschichte des Film erinnert an den Film „Das Mädchen aus dem Norden“. Hier zeigt sich, dass auch andere indigene Völker, ähnlich wie die Samen, Erfahrungen mit Unterdrückung und dem Versuch der Ausrottung ihrer indigenen Kultur durch Staat und Kirche gemacht haben.

Earth Evocation2009Lapsui & LehmuskallioDer Film blickt auf die Geschichte Finnlands von der Eiszeit bis in die Gegenwart.
Travelling
(Nenz.: Nedarma, finn.: Matka)
2007Lapsui & LehmuskallioEin toller Dokumentarfilm über die Nenzen, ihre Kultur und Religion: Er zeigt das Nomadenleben, den Tod und die Spiritualität der Nenzen, eines Nomadenstamms in der nördlichen Tundra Sibiriens, in den Anastasia Lapsui hineingeboren wurde.

Es ist eine Verdichtung aus fast zwei Jahrzehnten Filmarbeit mit den Nenzen. Ein Zyklus aus Leben und Tod entfaltet sich, in dem die harte Realität dieses Volkes, zu dem auch Anastasia Lapsui gehört, spürbar wird.

Was bedeutet es, als Nomade von der Rentierzucht zu leben? Und was, wenn dieses Dasein Stück für Stück einer Fortschrittsidee weicht, die den Nenzen fremd ist? Worte sind rar, stattdessen tragen Lieder durch die kargen Bilder. Ein Film über das Verschwinden indigener Kulturen.

The Sami
(finn.: Saamelainen)
2006Lapsui & LehmuskallioDer Film „Sámi“ zeigt die Veränderungen im Leben der Samen von der Vergangenheit bis in die Gegenwart und stellt die Frage, ob sich auch die Samen selbst verändert haben.
Fata Morgana2004/2005Lapsui & LehmuskallioDieser interessante Dokumentarfilm handelt vom indigenen Volk der Tschuktschen. Er beleuchtet insbesondere die Folgen der russischen Kolonialisierung und den bis heute andauernden Überlebenskampf dieses indigenen Volkes bis in die Gegenwart.

Der erste Kontakt der Tschuktschen mit den Russen fand im 17. Jahrhundert statt. Seitdem wird dieses Volk, das traditionell von der Rentierzucht und der Jagd auf Meerestiere wie Wale und Walrösser lebt, zunehmend um seine Lebensgrundlagen gebracht.

Eine Tschuktschin bringt in einer postkommunistischen Satelitenstadt anderen Tschuktschen ihre fast schon verlorengegangene Muttersprache bei.

Mit Legenden und Erzählungen aus ihrer Geschichte erinnert sie ihr Volk daran, wer sie wirklich sind – wer sie waren und wieder sein könnten. Mit seiner Mischung aus dokumentarischen und animierten Szenen zählt der Film zu den formal herausragendsten Werken des Filmemacherpaares.

A Bride of the Seventh Heaven
(finn.: Jumalan Morsian)
2003/2004Lapsui & LehmuskallioDer Film handelt von Einsamkeit und erzählt die Geschichte einer einsamen alten Nenzin, die einem blinden Mädchen namens Ilne ihr Leben erzählt.

Gemäß der Tradition der Nenzen kann ein Mädchen bereits vor der Geburt, dem Gott „Num“ versprochen werden. Es muss dem Gott für jeweils drei, vier oder fünf Mal sieben Jahre oder sogar für die gesamte Dauer seines Lebens dienen. Erst wenn diese Zeit abgelaufen ist, darf sie sich einen irdischen Lebenspartner suchen.

Das Drehbuch stammt von Anastasia Lapsui und basiert auf ihren eigenen Erfahrungen. Als Mädchen war sie einige Jahre lang blind und besuchte in dieser Zeit eine alte Frau, die allein im Nachbarzelt lebte. Die beiden freundeten sich an und die alte Frau erzählte Anastasia Lapsui von ihrem Leben, das sie dem Gott „Num“ geweiht hatte.

Mother’s of Life
(finn.: Elämän Äidit)
2002Lapsui & LehmuskallioDer Dokumentarfilm berichtet vom Schicksal der des Volkes der Nubetya Yaptiks, die als Nomaden auf der russischen Jamal-Halbinsel im östlichen Siberien leben.

Der Film erzählt von indigenen Legenden und der harten Realität des Alltags in der Tundra. Im Zentrum des Films stehen zwei starke Frauen: Mutter und Tochter, die von Hütte zu Hütte ziehen, um einen Ort zu finden, an dem sie bleiben können.
Shepherd
(finn.: Paimen)
2001 Der Dokumentarfilm Shepherd von Markku Lehmuskallio und Anastasia Lapsui erzählt die poetische Geschichte des Alltags des belgischen Schafhirten Ludo van Alphen.

Seine Schafe laufen auf den Brachflächen des Antwerpener Hafengebiets herum, auf den Grünstreifen zwischen den Straßen. Die Umgebung ist keine Märchenlandschaft, der Lärm und die Menschenmassen sind auf den Bildern sichtbar. Der Hafen von Antwerpen ist einer der größten der Welt und beherbergt eine große petrochemische Industrie.

Seven Songs from the Tundra, feature film2000Lapsui & LehmuskallioSieben Anekdoten aus dem Leben der Nenzen und der russischen Bevölkerung kreuzen die Geschichte des 20. Jahrhunderts.

Der Film erzählt von Konflikten innerhalb der Gemeinschaft der Nenzen sowie von der Konfrontation des indigenen Volkes mit der Sowjetunion (UdSSR).

Es geht um Soldaten des Zweiten Weltkriegs, Verbannte und um Dinge, die sich nie ändern – vor allem das Geben und Nehmen von Leben. Der Film zählt zu den bekanntesten Werken von Lehmuskallio und Lapsui und ist ihr erster Spielfilm in nenzischer Sprache.

The Sacrifice: A Film about a Forest
(finn.: Elokuva metsässä)
1998Lapsui & LehmuskallioEin toller Dokumentarfilm über das Leben der Nord-Selkupen.

Jurij Kalin gehört zu diesem Volk, das nur noch eingeschränkt ein nomadisches Leben führen kann. Seine Familie ist eine der wenigen, die nicht sesshaft wurden, obwohl für sie die Zeit mit einer eigenen Rentierherde  umher zu wandern längst vorbei ist.

Sie leben von dem, was Wälder und Flüsse ihnen bieten, während viele andere Indigene in die Städte ziehen und die alte Welt hinter sich lassen. Ein Requiem für eine Tundrakultur, die immer weiter der russischen Kolonialisierung erliegt.

Anna 1997Lapsui & LehmuskallioEin Dokumentarfilm über die Assimilation des indigenen Volkes der Nganasanen durch die Politik der Sowjetpolitik.

Taimyr, nördlich des Polarkreises: Anna Momde, eine Nja-ny Frau aus dem Volk der Nganasanen, wurde  im Jahr 1954 als Internatsschülerin porträtiert. Der Dokumentarfilm thematisiert ihre kulturelle Assimilation an die Ideale der UdSSR.

Die Doktrin wirkt. Anna wird Funktionärin der Kommunistischen Partei. 30 Jahre später, nach dem Zerfall der Sowjetunion, blickt sie auf ihre Zeit als Teil des Systems sowie auf das langsame Verenden ihrer eigenen Kultur zurück.

Lehmuskallio und Lapsui schauen mit der Protagonistin Anna noch einmal den Film und begleiten die Nganasanin bei einer Reise in ihre Erinnerungen.

Chronicles of Farewell
(finn.: Jäähyväisten Kronikka)
1995Lapsui (Schnitt( & Lehmuskallio (Regie, Drehbuch)Ein Film über die Nenzen und ihren Kampf ums Überleben in der modernen, technisierten Welt.

Die Expansion der russischen Öl- und Gasindustrie auf der Jamal-Halbinsel brachte große Veränderungen für die Nenzen mit sich: Das indigene Volk verlor aufgrunddessen seine Ländereien, die Herdenwege und seinen traditionellen Lebensrhythmus.

Der Dokumentarfilm ist der dritte Teil einer dreiteiligen Dokumentarreihe. Lehmuskallio und Lapsui lernten sich während der Dreharbeiten zum ersten Teil kennenlernten und verliebten sich ineinander.

Lost Paradise
(finn.: Kadotettu Paratiisi)
1994Lapsui & LehmuskallioEin Dokumentarfilm über die Nenzen und die Sayisi-Dene-Indianer in Kanada.

Der Film ist der zweite Teil einer dreiteiligen Dokumentarreihe über die Nenzen. Bei den Dreharbeiten zu Teil 1 lernten sich Lehmuskallio und Lapsui kennen und verliebten sich ineinander.

Reindeer Shape Across the Sky
(finn.: Poron hahmossa pitkin taivaankaarte)
1993LehmuskallioEin Film über  die Gedichte & Gesänge der Nenzen.

Der Film erzählt von Gedichten und Liedern, die vom Alltag auf einem sowjetischen Rentierhof handeln.

Für Markku Lehmuskallio beginnt mit diesem Film ein neuer Lebens- und Schaffensabschnitt: Er lernt während der Dreharbeiten die Nenzin Anastasia Lapsui kennen, deren Mutter Maria im Zentrum des Films steht.

Der Regisseur lässt den Dingen ihren eigenen Rhythmus: Die Arbeit mit den Tieren und das Singen dauern so lange, wie sie dauern müssen. So wird eine Kultur sicht- und hörbar, die gegen den Strom der Geschichte besteht.

Der Dokumentarfilm ist der erste Teil einer dreifachen Dokumentarfilmserie über die Nenzen:

Teil 2: Paradise Lost (1994)
Teil 3: Chronicles of Farewell (1995)

Skierri – Land of the Dwarf Birches
(finn: Skierri – Vaivaskoivujen maa)
1982LehmuskallioDieser Dokumentarfilm thematisiert den Alltag samischer Rentierhirten und die Folgen des Kolonialismus.

Ein spannendes Filmporträt über den Rentierhirten Nila und seine Familie. Es erzählt von der engen Verbindung der Samen zu ihren Hunden, von den Freuden der Jagd und von den trügerischen Versprechen eines Flughafens. Zudem spiegeln sich in den Mythen und Erzählungen der Samen die Lebensweisheiten dieses indigenen Volkes wider.

Der Film wurde mit samischen Laiendarstellern aus der Region Enontekiö gedreht. Es ist Lehmuskallios erster Versuch, sich mit dem indigenen Volk des Nordens und dem Kolonialismus der Finnen auseinanderzusetzen und das sowohl in Form einer ethnografischen Studie als auch in Form einer feinsinnig-lakonische Erzählung von einem sehr speziellen Alltag und dessen Tücken. Tatsächlich war es der samische Hauptdarsteller selbst, der Lehmuskallio auf die Idee brachte, diesen Dokumentarfilm zu drehen!

Filme von Markku Lehmuskallio (allein als Regisseur)

1992 – Minä olen (Dokumentarfilm)
1988 – Inuksuk (Spielfilm)
1985 – The Blue Mammy (Spielfilm)
1980 – Raven’s Dance (Spielfilm)
1976 – Elämän tanssi (Kurzfilm)
1975 – Maestro in Landscape (Kurzfilm)
1975 – The Swan (Kurzfilm)
1974 – Tapiola (Kurzfilm)
1973 – Big Silence (Kurzfilm)

Filme Markku Lehmuskallio (als Kameramann)

1993 – In Olonetsian villages (Regisseurin: Marja Pensala)
1976 – Horse Rebellion (Spielfilm: Regisseur: Mikko Niskanen)
1976 – Antti Treebranch (Spielfilm: Regisseure: Heikki Partanen, Riitta Rautamo, Katariina Lahti)
1975 – Taste of Summer (Spielfilm: Regisseur: Asko Tolonen)

Das Foto zeigt die Preisträger der diesjährigen Preisverleihung des GoEastFestivals 2025
(FOTO: goEast-Filmfestival) Auch in diesem Jahr bot das Programm des GoEast-Filmfestivals wieder eine tolle Auswahl an besonderen Dokumentar-, Stumm- sowie Kurzfilmen.

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