Abenteuer Huskyfarm Nordfinnland – Vier Pfoten, Schnee und schnelle Kufen

(FOTO: Lydia Glimbotzki) Was für ein Spaß: Lydia unterwegs mit den Schlittenhunden durch die verschneite Winterlandschaft Nordfinnlands.
(FOTO: Lydia Glimbotzki) Was für ein Spaß: Lydia unterwegs mit den Schlittenhunden durch die verschneite Winterlandschaft Nordfinnlands.

Auch Corona konnte Lydia nicht davon abhalten sich ihren Traum zu erfüllen und als Volunteer mehrere Monate auf einer Huskyfarm in Finnland zu arbeiten. Im Interview erzählt sie uns mehr über ihre Finnlandgeschichte, von ihrem Huskyabenteuer und darüber, warum es für sie so wichtig war, einmal ihre Komfortzone zu verlassen.  Wir plaudern außerdem über finnische Musik und natürlich verrät sie uns auch, ob sich ihre Auswandererpläne mittlerweile konkretisiert haben, von denen sie uns damals beim “Finntastischen Finnland-Geschichten Gewinnspiel” erzählt hat.

Ein Husky-Schneeabenteuer – Interview mit Lydia Glimbotzki über ihren Volunteerjob auf der Finn-Jann Huskyfarm in Nordfinnland

Lydia mit Hunden
(FOTO: Lydia Glimbotzki) Die Huskys sind Lydia während ihres Aufenthaltes richtig ans Herz gewachsen.

Finntastic:
Moikka Lydia, schön Dich zu treffen. Ich erinnere mich noch gut an Deine Finnlandgeschichte, die Du damals beim „Finnland-Geschichten Gewinnspiel“ eingereicht hast. Begonnen hat alles, ähnlich wie bei mir, mit finnischer Musik. Erzähl uns ein wenig dazu. Welcher Song und welche Band hat Deine finnische Seele wachgekitzelt? Wie hast Du zur finnischen Kultur gefunden?

Lydia:
Begonnen hat alles im Jahr 2000 mit der finnischen Rockband HIM und ihrem Hit „Join Me“. Der lief damals bei uns im Radio rauf und runter und hielt sich auch wochenlang an der Spitze der Charts. So kam ich in Kontakt mit Musik aus Finnland und relativ schnell kam eine große Palette an weiteren, finnischen Bands hinzu, zum Beispiel Nightwish, The 69 Eyes, The Rasmus, Sunrise Avenue, Lordi, Apocalyptica, Uniklubi und Negative.  Seitdem wuchs auch mein Interesse für das Land, die finnische Sprache und Kultur. Ich war schon immer ein Winterkind und so war letztendlich mein Nordweh geweckt. 2006 habe ich an der örtlichen Volkshochschule einen Finnischkurs belegt, ­übrigens der erste von mehreren in den letzten Jahren, ­ und 2007 bin ich dann das erste Mal nach Finnland gereist.

Finntastic:
Du bist als ein großer Fan von finnischer Rock- und Metalmusik. Was gefällt Dir an der Musik so besonders? Hast Du einen Lieblingssong oder eine Lieblingsband?

Lydia:
Ich würde sagen, ich bin eher ein Fan finnischer Rock- als Metalmusik. An finnischer Rockmusik gefällt mir besonders die finnische Melancholie. Dieser Schwermut in den Songtexten und in der Musik, gepaart mit einem Hoffnungsschimmer. Finnische Rockmusik hat für mich einfach etwas typisch Finnisches, etwas Unverkennbares! Auf eine Lieblingsband möchte ich mich allerdings nur ungerne festlegen. Mittlerweile gibt es so viele Musiker und Bands aus Finnland, die mir gefallen, mir viel bedeuten und mit deren Songs ich mich identifizieren kann. Aber die erste Liebe vergisst man natürlich nicht, von daher kann ich da klar sagen: HIM! *lächelt*

Finntastic:
Welches Konzert einer finnischen Band, in Deutschland oder auch in Finnland ist Dir besonders in Erinnerung geblieben?

Lydia:
Oh, da gibt es einige! *lächelt* Nightwish habe ich zum Beispiel bereits in allen Besetzungen mehrmals gesehen. Sie liefern wirklich jedes Mal eine wirklich bombastische Show ab. Schade ist, dass Marko Hietala vor kurzem bei Nightwish ausgestiegen ist. Zum Glück konnte ich ihn 2020 auf seiner Solotour in München live sehen und auch persönlich treffen. Er ist ein wirklich sehr sympathischer Typ und ein begnadeter Bassist und Musiker! Aber auch The 69 Eyes live zu erleben, egal ob in Finnland oder in Deutschland, ist jedes Mal ein echtes Highlight. Zuletzt habe ich sie übrigens 2020 im Tavastia in Helsinki gesehen. Das Konzert war trotz Corona-Auflagen der Hammer!

On Tour im Schnee
(FOTO: Lydia Glimbotzki) Die Huskys müssen regelmäßig rennen. Am Tag stehen daher mehrere Touren an, damit alle Hunde Bewegung bekommen.

Finntastic:
Wie oft warst Du bereits in Finnland unterwegs? Welche Städte und Regionen hast Du bereits besucht und gibt es noch einen weißen Fleck auf Deiner Finnland-Karte, den Du mit einer künftigen Reise füllen möchtest?

Lydia:
Seit ich 2007 das erste Mail in Finnland war, zieht es mich meist mehrmals pro Jahr nach Suomi. Ich weiß schon gar nicht mehr genau, wie oft ich jetzt schon in Finnland unterwegs war. *lacht* Bislang habe ich meist den Süden bereist, also Helsinki und die Hauptstadtregion und Städte wie Tampere, Turku, Savonlinna und Porvoo. Aber ich war auch schon in Ostfinnland, in Nordfinnland und auch in Lappland unterwegs, zum Beispiel in Ivalo, Saariselkä und Rovaniemi. Es gibt noch eine Menge weißer Flecken auf ‚meiner‘ Finnland-Karte, denn ich reise meist mit dem Zug oder Bus und konnte so die ländlichen Gegenden leider noch nicht so oft besuchen, wie ich das gerne hätte. Deshalb möchte ich unbedingt einen Roadtrip mit dem Auto durch Finnland machen, um dann mehr die finnische Countryside zu erkunden.

Finntastic:
Du hast Dir trotz Corona einen Traum erfüllt und hast zwei Monate auf der Finn-Jann-Huskyfarm in Taivalkoski, in Nordfinnland verbracht und bist gerade erst zurückgekommen? Wie kamst Du auf die Idee dazu?

Lydia:
Die Idee hatte ich schon seit ein paar Jahren. Ich wollte unbedingt einmal für ein paar Monate als Volunteer einen Winterjob in Finnland machen. Für mich als Wintermensch der absolute Traum! Ich habe es aber lange aufgeschoben, denn der innere Schweinehund war stärker. Ich steckte einfach so sehr in meiner Komfortzone fest und die musste ich nun endlich einmal verlassen.

Henry Ford, hat übrigens einmal gesagt „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“ Diesen Spruch habe ich zum Motto meines Aufenthalts in Finnland gemacht. Ich habe wirklich täglich neue Dinge gelernt und Dinge getan, die ich zuvor noch nie gemacht habe und auch nicht geglaubt habe, dass ich sie schaffe.

Letztes Jahr hat mir die Corona Situation einen echten Tritt in den Hintern gegeben *lächelt* Ich dachte‚ „wenn nicht jetzt, wer weiß wann dann? Wer weiß was noch passiert?“ – also habe ich angefangen, mich intensiv online auf Saisonjobs zu bewerben und zwar in ganz Nordfinnland und Lappland. Natürlich war es bedingt durch Corona recht schwierig, überhaupt einen Job oder eine freie Stelle als Volunteer zu finden. Aber letztlich hatte ich Glück und habe die Zusage von der Finn-Jann Huskyfarm bekommen.

Finntastic:
Und wie hat Dir das winterliche Leben auf der Huskyfarm im hohen Norden gefallen?

Lydia:
Mir hat es wahnsinnig gut gefallen! Es war ein unbeschreiblich tolles Erlebnis für mich. Ich habe so viele Eindrücke gesammelt, so viel über mich selbst gelernt: Über das Zusammenleben mit anderen, man lebt dort auf der Farm nämlich mit den anderen Arbeitskollegen wie in einer großen WG. Und natürlich über Schlittenhunde und das Leben im Norden generell. Und auch über die materiellen Dinge, die man vermeintlich braucht, aber dann ziemlich schnell feststellt, dass man sie doch nicht benötigt.

Winderwonderland Finnland
(FOTO: Lydia Glimbotzki) In Nordfinnland liegt im Winter noch richtig viel Schnee.

Finntastic:
Wie aufwendig war die Planung Deines Aufenthalts in Finnland bedingt durch die Coronapandemie?

Lydia:
Im Grunde gar nicht so aufwendig. Es waren ja nur zwei Monate und kein halbes Jahr oder länger. Ich musste eine Auslands-Krankenversicherung abschließen, dann habe unbezahlten Urlaub in meinem Hauptjob beantragt, mich mit meinen Vermietern wegen meiner Wohnung besprochen, meine Katze bei einem Freund untergebracht, die Koffer gepackt und dann: zack und weg war ich! *lächelt* Durch Corona musste ich natürlich vor der Ausreise nach Finnland in Deutschland noch einen Coronatest machen. Und dann nach der Ankunft in Finnland noch einen. Zudem musste ich anfangs für ein paar Tage in Quarantäne in einer Hütte, bis das Testergebnis da war. Aber pünktlich zum ersten Januar konnte ich dann auf der Huskyfarm loslegen.

Finntastic:
Erzähl uns ein wenig über die Huskyfarm. Wo liegt Taivalkoski und hast Du ein paar Tipps für die Region und Umgebung?

Lydia:
Taivalkoski hat rund 4.000 Einwohner und liegt in Nordfinnland, in der Region Nordösterbotten, also grob gesagt zwischen Oulu und Kuusamo. Die Finn-Jann Huskyfarm ist ein kleiner Familienbetrieb, der seit Anfang der 1990er-Jahre betrieben wird, mit einem kleinen Team und mittlerweile 80 Hunden. Die Farm selbst liegt recht abgelegen, mitten in der unberührten Natur, so fünfzehn Kilometer von Taivalkoski entfernt. Fünfzig Kilometer weiter, gibt es zudem das Skigebiet Iso-Syöte, dessen Hotelgäste normalerweise die Haupttouristen der Farm sind. Durch Corona blieben leider die meisten Gäste in dieser Wintersaison aus.

Finntastic:
Das ist dann sicher keine einfache Zeit für Familienbetriebe im Tourismus wie die Finn-Jann Huskyfarm.

Lydia:
Nein gar nicht! Momentan ist die Situation sehr schwierig, da die Haupteinnahmequelle wie gesagt die ausländischen Touristen sind. Einheimische buchen kaum Huskytouren. Eine wirkliche Wintersaison 2020/21 gab es Corona bedingt eben nicht, da seit Oktober seitens der finnischen Regierung immer wieder Einreisesperren verhängt werden und mittlerweile sogar verschärft wurden. Aktuell dürfen überhaupt keine Touristen einreisen, von daher ist es für den gesamten Tourismus in Finnland eine Katastrophe, im Grunde also wie bei uns in Deutschland auch.

Denn die laufenden Kosten gehen weiter. 80 Hunde müssen jeden Tag gefüttert werden. Das macht rund 60 Kilogramm Trockenfutter und Frischfleisch pro Tag, hinzukommen Kosten für Strom, Wasser, Benzin und so weiter, die üblichen Fixkosten eben. Daher haben wir alle im Team ehrenamtlich als Volunteer gearbeitet, also ohne Bezahlung, dafür aber gegen Kost und Logis. Aktuell kann sich die Farm keine bezahlten Mitarbeiter leisten und ist auf Unterstützung angewiesen. Wir hoffen alle, dass die kommende Wintersaison durch Impfungen und Schnelltests besser wird.

Lydia mit Huskys
(FOTO: Lydia Glimbotzki) Das Füttern der Hunde und das Reinigen der Gehege zählt als Volunteer genauso zu den Aufgaben, wie das Bewegen der Hunde mit dem Schlitten.

Finntastic:
Wie sieht so ein typischer Tag auf der Huskyfarm aus? Da ist bestimmt eine ganze Menge zu tun. Was waren Deine Aufgaben?

Lydia:
Meine Hauptaufgabe war es, die Tiere täglich zu bewegen. Denn alle 80 Hunde sollten im Wechsel mindestens jeden zweiten oder dritten Tag ordentlich rennen. Huskys brauchen einfach ganz viel Bewegung. In Ermangelung der Touristen war das natürlich schwierig, da niemand von den Einheimischen eine Huskyschlittentour bucht. Mein Tag startete normalerweise morgens gegen 8 Uhr mit der Fütterung. Die Huskys bekommen eine Mischung aus Trockenfutter, das in warmem Wasser eingeweicht wird. Da kriegst Du übrigens beim Futtereimerschleppen ganz schön Muckis! Danach mussten die Gehege gereinigte werden. Bei so vielen Huskys kommen täglich so drei bis vier Schubkarren voll Kacke zusammen *lacht*

Danach gab es meist eine kurz Pause. Gegen 11 Uhr ging es weiter mit der Planung und Vorbereitung der ersten Huskytour. Wir haben die Hunde ins Geschirr gesteckt und vor den Schlitten gespannt. Unsere normalen Touren waren zirka 15 bis 20 Kilometer lang, teils auch mehr. Dann gab es wieder eine kurze Pause, und danach sind wir die zweite Tour des Tages gefahren, damit so viele Tiere wie möglich bewegt werden. Für Touristen werden übrigens auch größere Touren bis zu 30 Kilometer und mehr angeboten und auch Tagestouren mit Übernachtung in Mökkis und Schutzhütten im Wald. Das sind dann Strecken von bis zu 30 bis 50 Kilometer am Tag mit den Hunden. Aber bedingt durch Corona fand leider keine dieser großen Tagestouren statt. Gegen 16 Uhr startete meist die Abendfütterung, dieses Mal mit einem Gemisch aus Trockenfutter und Frischfleisch, vermischt mit warmem Wasser.

Ansonsten wird auf der Farm das erledigt, was eben so anfällt. Mal muss ein Zwinger repariert werden, oder ein Schneemobil oder ein Traktor. Das wird auf der Farm alles selbst gemacht. Manchmal büxt ein Hund aus, also mussten wir los und den Schlingel einfangen! Da ist es dann egal, ob du schon Feierabend hast oder nicht. Wenn du mit Tieren arbeitest und auch dort wohnst, wird die Arbeit einfach dann erledigt, wenn sie anfällt. Manchmal ist ein Tier auch verletzt, oder es müssen Krallen geschnitten werden. Im Grunde ist also immer etwas zu tun.

Finntastic:
Was hast Du sonst noch so Abenteuerliches erlebt? Wie war die Stimmung im Team und gibt es etwas, dass Du noch lange in Erinnerung behalten wirst?

Lydia:
Hin und wieder haben wir auch Ausflüge mit dem Schneemobil gemacht und einer fährt sowieso immer auf dem Schneemobil den Hundegespannen voraus. Also habe ich auch das Führen eines Schneemobils gelernt und mich am Anfang super ungeschickt angestellt und ein paar kleine Bäume umgemäht. *lacht* Aber auch das wurde mit der Übung immer besser.

Und da wir alle gemeinsam im Haupthaus wohnten, stand abends der ganz normale Haushalt an. Zusammen kochen, essen, abwaschen, Wäsche waschen. staubsaugen und putzen, eben alles in Ordnung halten. Das Team ist sehr familiär, wir sind auch zusammen in die Sauna gegangen. Übrigens meine erste Erfahrung in einer echten, mit Holz beheizten, traditionell-finnischen Sauna! Einfach toll! Wir hatten auch einen lustigen Karaoke-Abend, der mir immer in Erinnerung bleiben wird. Im Grunde hat sich das alles nicht wie Arbeit angefühlt, es war mehr wie eine große Familie und der Abschied fiel mir sehr schwer.

Baum im Schnee
(FOTO: Lydia Glimbotzki) Winterwonderland, solche Impressionen gibt es während der Touren jeden Tag zu erleben!

Finntastic:
Wie hast Du Dich mit den Hunden vertraut gemacht. Und wie hast Du es geschafft sie alle auseinander zu halten? Das stelle ich mir schon schwierig vor.

Lydia:
In den ersten paar Tagen dachte ich wirklich „Das schaffe ich nie!“ 80 Hunde zu unterscheiden, alle Namen zu lernen. Und es geht ja nicht nur darum. Du musst dir zum Beispiel merken, welcher Hund welchen Charakter hat, also wer sich mit wem verträgt oder eben nicht. Du musst die Rüden und Hündinnen unterscheiden können, wissen, welcher Rüde kastriert ist und welcher nicht und welch Hündin gerade läufig ist. Das war zu Beginn schon eine Mammutaufgabe.

Zuerst habe ich mir einen Plan gemalt, wie eine Karte, mit den Zwingern und den ganzen Hundenamen. Anschließend bin ich mit meinem Handy an jeden Zwinger und habe von jedem Hund ein Foto gemacht, und abends im Bett habe ich wie ‚Memory‘ die Bilder durchgeguckt und versucht die Namen zu lernen. Das hat mir jedenfalls gut geholfen und so habe ich sehr schnell zumindest die Namen draufgehabt. Der Rest kam mit der Zeit und der Erfahrung und natürlich lernst du auch aus Fehlern. Wenn du einmal die ‚falschen‘ Hunde zusammen im Gespann hattest, macht du das kein zweites Mal. *lacht*

Finntastic:
Wie schwer ist es ein Husky-Gespann allein durch den Schnee zu führen? Auf was muss man achten? Braucht man eigentlich eine Art „Führerschein“?

Lydia:
Einen speziellen ‚Führerschein‘ gibt es nicht. Aber viele denken ‚ach schön, man stellt sich einfach auf den Schlitten und fährt los‘. Hört sich so einfach an, ist es aber nicht! Zuerst werden die Hunde angespannt. Hier musst du wissen, welcher Hund welches Geschirr bekommt. Das ist natürlich abhängig von der Statur des Hundes. Es gibt unterschiedliche Größen. Außerdem musst Du wissen, wer von den Huskys ein guter Führungshund, also ‚Leader‘ ist, welche Hunde gute „Teamdogs“ darstellen und gut in der Mitte laufen und welche der Hunde als „Wheeler“ fungieren, also am besten hinten laufen. Das lernst du aber mit der Zeit!

Jede Tour ist im Grunde anders, denn jeder Hund ist anders und auch jede Kombination der Hunde funktioniert anders. Auch die Konditionen des Schnees variieren jeden Tag. Im frischen Tiefschnee fährt es sich komplett anders als auf gefrorenem Track, das ist eine Eisschicht, die entsteht, wenn es kurz taut und danach wieder gefriert.

Der Außentemperaturrekord während meines Aufenthalts war übrigens minus 34 Grad! Da ist es wichtig, dass du warm angezogen bist und das bedeutet Schichten, Schichten, Schichten! Während der Fahrt muss du bremsen, wenn ein Hund abrupt stehen bleibt und zum Beispiel kackt. Oder auch wenn es bergab geht, damit die ‚Führungsline‘ immer gespannt ist. Wenn es bergauf geht, wird hingegen mit dem Fuß angeschoben, um die Hunde zu unterstützen.

Das Kurven fahren musste ich erst „schmerzlich“ lernen. *lacht* Meine Stürze am Anfang und meine blauen Flecken und Zerrungen konnte ich irgendwann gar nicht mehr zählen. Ich hatte viele Probleme mit engen Kurven und der Gewichtsverlagerung, aber es wurde dann irgendwann immer besser. Alles in allem macht es tierisch Spaß auf dem Schlitten zu stehen! Du spürst den Wind, hast die Natur um dich herum und immer die Hunde vor Augen. Aber du musst eben auf dem Schlitten während der Fahrt auch ‚arbeiten‘,. Muskelkater ist da vorprogrammiert, vor allem wenn du wie ich täglich zwei Touren fährst. *lächelt*

Lydia mit Schneemobil
(FOTO: Lydia Glimbotzki) Lydia hat nicht nur gelernt einen Hundeschlitten zu führen, sondern kennt sich jetzt auch mit dem Snowmobilfahren aus.

Finntastic:
Hast Du während Deines Aufenthalts in Finnland denn auch Nordlichter gesehen?

Lydia:
Ja, ich habe zweimal Polarlichter gesehen. Übrigens zum ersten Mal in meinem Leben und es war wirklich magisch! Unbeschreiblich, wenn man es nur von Fotos aus dem Internet kennt, sowas dann selbst zu sehen! Das erste Mal stand ich draußen in der Kälte, in Schlafanzughose und T-Shirt, weil ich einfach aus dem Bett gesprungen und schnell rausgerannt war, als das Himmelsleuchten anfing. Ich habe geheult wie ein kleines Kind, so schön war es, dieses bunte Schauspiel am Himmel zu sehen!

Finntastic:
Und wie schaut es mit dem Finnisch sprechen aus? Konntest Du bei Deinem Finnlandaufenthalt Deine Finnischkenntnisse ausbauen?

Lydia:
Finnisch lerne ich nach wie vor mit großem Engagement, auch wenn ich mich immer wieder neu motivieren muss. Vor Ort war die Arbeitssprache jedoch Englisch, da das Team international war. Es waren Volunteers aus Finnland, Holland, Frankreich, aus der Schweiz und aus Deutschland dabei. Daher habe ich vor Ort leider nicht so viel Finnisch gesprochen.

Finntastic:
Wann geht es das nächste Mal für Dich nach Finnland?

Lydia:
Ich möchte gerne im Sommer wieder für ein paar Tage nach Suomi reisen, wenn möglich. Mein Chef von der Huskyfarm hat mir angeboten, in der nächsten Wintersaison wiederzukommen, da sie sehr zufrieden mit mir waren. Von daher habe ich vor, den kommenden Winter wieder für ein paar Wochen oder Monate hoch zu reisen.

Ich vermisse die Hunde, die Menschen und die Atmosphäre dort sehr. Das Leben auf der Farm ist echt kein Vergleich zur Hektik und Mentalität hier in Deutschland. Ich bin wirklich dankbar für diese Erfahrung und hätte nie gedacht, dass ich dort so aufblühe. Menschlich war es wirklich eine Bereicherung: Ich als ‚alte Einzelgängerin‘ habe komplett neue Seiten an mir entdeckt. ich wusste bis jetzt nicht, dass es so viel Spaß machen kann, in einer Gemeinschaft zu wohnen und zu arbeiten, in der von 18 bis 75 Jahren sämtliche Altersklassen und Nationalitäten vertreten sind. Die älteren Nachbarn helfen nämlich auch noch oft mit. Es war vom ersten Tag an wie eine Familie und ich habe mich super wohlgefühlt.

Schneemobil
(FOTO: Lydia Glimbotzki) In Finnland ist Lydia über sich hinausgewachsen und hat sich aufs Snowmobil gesetzt. In Deutschland will sie als nächstes den Führerschein machen. Denn ohne Auto ist man in ländlichen Gegenden in Finnland aufgeschmissen.

Finntastic:
Und wie läuft es mit Deinen Auswandererplänen?

Lydia:
Meine Auswandererpläne sind nach wie vor im Hinterkopf. Ich habe jedoch gemerkt, wenn ich wirklich nach Lappland oder zumindest auf Dauer ins ländliche Finnland will, sei es nun eine Huskyfarm, eine Rentierfarm oder etwas Ähnliches, dann bin ich ohne Führerschein, den ich hier in Deutschland nie gemacht habe, weil ich ihn nicht brauchte, wirklich aufgeschmissen. Also muss ich mich erstmal mit dem Gedanken tragen, hier einen Führerschein zu machen. Was für mich erneut eine Überwindung des inneren Schweinehunds darstellt, aber auch das wird ganz sicher klappen. Ich habe auf der Huskyfarm so viel geschafft, was ich mir niemals zugetraut hätte und habe so viel positives Feedback bekommen, das motiviert enorm für mein ‚normales‘ Leben hier in Deutschland und ich habe einfach so viel mitgenommen. Mein Rat an alle Deine Blogleser: Verlasst eure Komfortzone, traut euch, probiert neue Dinge aus! Schiebt es nicht vor euch her – macht es JETZT! Ihr könnt daran nur wachsen!

Finntastic:
Ein guter Rat! Dem kann ich nur zustimmen! Ohne das Verlassen der Komfortzone, würde es vermutlich auch meinen Finnlandblog nicht geben. Vielen Dank, dass Du uns von Deinem Huskyfarmaufenthalt und Deiner Arbeit als Volunteer erzählt hast.

Lydia:
Gerne, es war mir eine Freude. Und wenn das nächsten Winter wieder mit der Huskyfarm klappt, komm uns gerne besuchen!


Über die Finn-Jann Huskyfarm

Winter in Finnland
(FOTO: Lydia Glimbotzki) Mit Huskys durch die verschneite Winterlandschaft – Ein Traum, den sich Lydia erfüllt hat.

Die Finn-Jann Huskyfarm ist ein kleiner Familienbetrieb mit einem eingespielten Team und rund 80 Huskys, der seit den 1990er-Jahren besteht. Sie liegt in Nordfinnland, in der Region Nordösterbotten, mitten in der unberührten Natur rund 15 Kilometer von Taivalkoski entfernt, einer Stadt zwischen Oulu und Kuusamo. Angeboten werden in “Nicht-Coronazeiten” ganz unterschiedliche Huskytouren für Touristen, diese reichen von kurzen Tagestouren mit Kaffeepause oder Lunchbreak bis hin zu mehrtägigen Huskytouren inklusive Verpflegung und Übernachtung in Mökkis und Wanderhütten.

Volunteers werden immer für die Wintersaison gesucht, also für die Zeit von September/Oktober bis März. Bewerben könnt ihr euch aber bereits ab Juli/August. Aktuelle Volunteer-Stellen der Finn-Jann Huskyfarm findet ihr unter www.finn-jann.com/open-jobs

Mehr Informationen zur Finn-Jann Husky-Farm auch unter www.finn-jann.com.

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