Hinter den Kulissen der Luftgitarrenweltmeisterschaft 2016

(FOTO: Udo Wonz) von links: Udo Wonz und Aline - The Devils Niece - Westphal (Weltmeisterin 2011)
(FOTO: Udo Wonz) von links: Udo Wonz und Aline - The Devils Niece - Westphal (Weltmeisterin 2011)

Auch der rheinland-pfälzische und deutsche Meister im Luftgitarrespielen David Lang alias Udo Wonz, aus Bad Neuenahr – Ahrweiler, war in Oulu in diesem Jahr mit von der Partie. Wie er die Luftgitarrenweltmeisterschaft 2016 in Oulu erlebt hat und wie er zum Luftgitarrespielen gekommen ist, erfahrt ihr im folgenden Interview.

Deutscher Meister Udo Wonz im Interview

(Interview mit Udo Wonz im September 2016)

Finntastic:
„Grüß Dich Udo, oder soll ich lieber David sagen?“

Udo:
„Udo passt schon.“ 

Finntastic:
„Du hast in Oulu an der Luftgitarrenweltmeisterschaft teilgenommen. Wie bist Du auf die Idee gekommen Luftgitarre zu spielen und damit bei einem Wettbewerb anzutreten?“

Udo:
„Luftgitarre spiele ich seit ich so 12 oder 13 Jahre alt bin, weil’s Bock macht. Seit meiner Kindheit habe ich eine Passion für Stromgitarrenmusik. Ich selbst spiele Akustikgitarre und als Erzieher musiziere ich auch viel mit den Kids. Als Jugendlicher hat es mir außerdem mega viel Spaß gemacht in Clubs zur Rockmukke abzumoshen. Headbangen und Luftgitarre gehören da einfach dazu. Daraus hat sich eine regelrechte Leidenschaft entwickelt.“

Finntastic:
„Welche Eigenschaften sollte man zum Luftgitarrespielen mitbringen?“

Udo
„Zunächst solltest Du etwas extrovertiert sein. Dir sollte nichts peinlich sein. Das Schamgefühl lässt Du am Besten vor dem Auftritt in der Gardrobe zurück. Ansonsten ist ein Gefühl für Rockmusik und Rhythmus von Vorteil. Und wenn Du noch selbst Gitarre spielst und weißt, wie echte Gitarrengriffe ausschauen, bist Du ganz gut gerüstet.“

Finntastic:
„Und wie wird man Deutscher Meister im Luftgitarrespielen?“

Udo:
„Das ist eigentlich gar nicht so schwer. Zunächst musst Du Sieger im Landesentscheid werden. Ich habe im März diesen Jahres die Rheinland-Pfalz-Meisterschaften gewonnen und im Juli mich dann bei den Deutschen Meisterschaften in Koblenz durchgesetzt. Dieser Bundeswettbewerb wird jedes Jahr von der German Air Guitar Championchips  ausgerichtet. So hatte ich die Chance bei der Luftgitarrenweltmeisterschaft anzutreten, die vom 24. bis 26. August in der nordfinnischen Stadt Oulu stattfand.“

Finntastic:
„Klingt cool. Es scheint, als hat der Wettbewerb bereits Tradition.“

Udo:
„Genau, die Luftgitarrenweltmeisterschaft findet seit 1996 jedes Jahr im Rahmen des „Oulun Musiikkivideofestivaalit“ (Oulu Musik Video Festival) statt und lockt tausende Metal-Fans aus aller Welt nach Finnland. Angefangen hat alles eigentlich als Scherz. Daraus hat sich eine langjährige Tradition entwickelt.“

Finntastic:
„Interessant und wie hat es Dir grundsätzlich in Finnland gefallen?“

Udo:
„Finnland ist ein echt schönes Land und die Finnen sind mega cool drauf. Von Oulu habe ich allerdings nicht so viel gesehen. Es waren ja nur ein paar Tage und da war ich eigentlich von morgens bis abends auf dem Festival.“

Finntastic:
„Bist Du eigentlich traurig, dass es in Oulu nicht zum Sieg gereicht hat?“

Udo:
„Am Anfang war der Plan schon zu gewinnen und natürlich hatte ich auch Bock auf den Trip und die Erfahrung. Der olympische Gedanke stellte sich später ein. In der ersten Runde und mit meinen nicht zwingend supertollen Punkten war ich zunächst geknickt. Erst kurz darauf habe ich realisiert, worum es dort tatsächlich ging. Das Ganze ist einfach ein Mordsgaudi und ich habe viele coole und nette Menschen aus aller Welt kennengelernt. Und der achte Platz von insgesamt 15 Teilnehmern im Finale ist doch gar nicht mal so übel. Außerdem habe ich eigentlich sogar den siebten Platz belegt, weil es zwei fünfte Plätze gab. Weltmeister wäre ich selbstverständlich trotzdem gern geworden.“

Finntastic:
„Die Konkurrenz war aber schon größer, als beim deutschen Entscheid?“

Udo:
„Na klar, es waren ja viel mehr Teilnehmer. Vor allem der Luftgitarrenverband aus den USA ist  groß.“

Finntastic:
„Und wieviele Teilnehmer sind insgesamt zum Wettbewerb angetreten?“

Udo:
„In der Dark Horse Runde sind 24 Teilnehmer angetreten. Ein Dark Horse ist sowas wie eine Wildcard, also ein Quereinstieg. Zehn von denen sind dann ins Finale gekommen. Mit uns vier Landessiegern aus den USA, Kanada, Japan und Deutschland und dem Vorjahressieger Kereel „Your Daddy“ Blumenkrants,  waren wir dann 15 Kandidaten, die im Finale angetreten sind.“

Finntastic:
„Dann ist der achte Platz wirklich ein gutes Ergebnis! Und wer hat letztenendlich in Oulu das Rennen gemacht?“

Udo:
„Gewonnen hat den Wettbewerb letztendlich der Amerikaner Matt „Airistotle“ Burns. Sein Auftritt war schon genial und als Siegertrophäe durfte er eine echte E-Gitarre mit nach Hause nehmen.“

Finntastic:
„Wie lief denn der Wettbewerb in Oulu ab und wonach richtete sich die Bewertung?“

Udo:
„Jeder Teilnehmer hat für seinen Auftritt eine Minute Zeit. Bewertet wird die Performance nach den Kriterien der „Air Guitar World Championships“. Hierzu zählen beispielsweise Originalität, Ausdrucksfähigkeit, Bühnenpräsenz bzw. Rockstar-Charisma,  die richtige Imitation des Gitarrespielens, also die technische Leistung sowie Airness, d.h. die besondere Gabe, die bloße Imitation zu transzendieren und das Luftgitarrespiel zu einer eigenständigen Kunstform zu erheben. Es gibt keinen Dresscode, der eigene Stil bestimmt Outfit und Auftritt. Jeder Kandidat darf aber außer sich selbst und seiner imaginären E- oder Akustikgitarre nichts mit auf die Bühne nehmen. Hilfsmittel sind beim Wettbewerb grundsätzlich nicht erlaubt. In der „Kürrunde“ stellst Du nach einem selbst ausgesuchten Song dein Talent unter Beweis. In der darauf folgenden „Pflichtrunde“ muss Du dann komplett improvisieren, denn Du erfährt erst direkt zum Auftritt, nach welchem Song performt werden musst.“

Finntastic:
„Und welchen Song hast Du Dir selbst ausgesucht und nach welchem musstest Du in der Pfllichtrunde performenen?“

Udo:
„Mein ausgesuchter Song für die Kürrunde war ein Medley aus dem Song „Bulletproof Scales“ von Despised Icon und Blodtørst von Kvelertak. In der Pflichtrunde musste ich zu „Speedin“ von Reckless Love performen. Leider hat mir dieser Song nicht so gelegen. Deshalb war es für mich eher schwierig, dazu eine geeignete Performance abzuliefern.“

Finntastic:
„Und wirst Du im nächsten Jahr wieder antreten oder ist die Luft raus? ;)“

Udo:
„Klaro! Auch wenn es in diesem Jahr nicht zum Sieg gerreicht hat, werde ich im nächsten Jahr meinen Titel bei den deutschen Meisterschaften verteidigen. Und wer weiß, vielleicht geht’s dann erneut nach Oulu. In der Zwischenzeit habe ich genügend Zeit mir eine coole neue Performance für die Deutsche Luftgitarrenmeisterschaft zu überlegen.“

Finntastic:
„Und Deine Familie, was sagt die zu Deinem außergewöhnlichen Hobby?“

Udo:
„Die findet das mega cool und unterstützt mich, wo sie nur kann.“

Finntastic:
„Das ist natürlich perfekt. Super, dass Du Dir Zeit genommen hast und natürlich viel Spaß beim Luftgitarre üben. Hoffen wir, dass es im nächsten Jahr wieder nach Oulu geht. In diesem Sinne kiitos todella mukavasta puhelusta ja terveisiä sinun perheellesi. (Vielen Dank für das wirklich nette Gespräch und schöne Grüße an Deine Familie.) Möge die „Airness“ mit Dir sein. 😉

Udo:
„Ich danke auch für das Interview und schöne Grüße an alle Finnland-, Rock- und Metal-Fans da draußen!“


Rangliste der Luftgitarrenweltmeisterschaft 2016:

1. Matt „Airistotle“ Burns (USA) 35,7 (17,7)
2. Kereel „Your Daddy“ Blumenkrants (RUS) 34,8 (17,3)
3. Nicole „Mom Jeans Jeanie“ Sevcik (USA) 34,3 (17,1)
4. Rob „The Marquis“ Messel (USA) 34,1 (17,0)
5. Dave „G. Tso Money“ Chen (TW) 33,7 (17,0)
5. Luke „Van Dammage“ Sevcik 33,7 (17,0)
7. Manami „TAM“ Morita (JPN) 33,6 (16,9)
8. Dave „Onkel Udo“ Wonz (GER) 33,3 (17,0)
9. Blake „The Canadian Tuxedo“ Johnston (CAN) 16,8
10. Daniel „Moredrive“ Oldemeier (GER) 16,7
10. Vincent „Lord Scrat“ Roussel (FRA) 16,7
12. Jeffrey „The Airtiste“ Stiles (USA) 16,5
13. Thom “ w!ldth!ng“ Wilding (UK) 16,3
14. Giesela „Gizzy Guitar“ Visser (NZL) 16,2
15. Carlos „Hanzel the Manzel“ Mengual (CAN) 15,8


Weitere Impressions von der Luftgitarrenweltmeisterschaft in Finnland findet Ihr auf der Website der „Air Guitar World Championchips“.

Alle Bildrechte dieses Beitrages liegen bei Udo Wonz.

4 Kommentare zu “Hinter den Kulissen der Luftgitarrenweltmeisterschaft 2016

  1. Kuno sagte:

    Ja ja, die Finnen ;D
    Ich bin selbst totaler Fan von Finnland, war allerdings bis jetzt nur in Helsinki (was aber auch schon richtig schön war, besonders da ich mit der Fähre angereist bin). Vor allem Lappland steht ganz weit oben auf meiner Liste für die nächsten Jahre.
    Viel Erfolg mit deinem Blog 🙂

    • Finntastic sagte:

      Hallo Kuno,

      wenn das Finnlandfieber Dich erstmal erwischt hat, hält es sich hartnäckig. 🙂 Das geht mir auch so. Helsinki ist wirklich eine tolle Stadt. Es gibt einfach mega viel zu entdecken. Ich habe ein Vierteljahr dort gelebt und noch immer nicht alles gesehen. Deshalb verschlägt es mich in meinem Urlaub auch immer wieder in die wunderschöne Ostseemetropole. Falls Du nochmal einen Trip dorthin planst, gib mir Bescheid, ich habe ganz sicher ein paar Insidertipps für Dich. 🙂

      Terveisiä Finntastic

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