Bei meinem letzten Würzburg-Trip habe ich auch bei Juhani Karanka und Matthias Braun im Finnish-German Concept Store (FIN-GER) auf dem Bürgerbräu Areal im Stadtteil Zellerau vorbeigeschaut. Denn Anfang Juli 2018 fand in der Würzburger Residenz die jährliche FIN-GER Architektur Biennale statt. In diesem Jahr erhielt das Architekturbüro Mer Arkkitehdit Oy aus Helsinki den innovativen Goldfinger-Preis. Was die Arbeit der sieben Architektinnen auszeichnet, wollte ich natürlich erfahren und auch, was finnisches Architekturdesign allgemein ausmacht.
FIN-GER Architektur Biennale 2018 – Goldfinger-Preis geht nach Helsinki
Und selbstverständlich habe ich mir auch die Ausstellung im alten Pferdestall angeschaut, die bis zum 24. Juli 2018 dort zu sehen war. Die Entwürfe der Einfamilienhäuser von Julia Hertell, Anna Kontunimi, Sini Kukkonen, Paula Leiwo, Johanna Brummer, Kaisa Riippi und Jenni Hölttä haben mich sehr beeindruckt.
Die von ihnen entworfenen Häuser bestehen zu großen Teilen aus Naturmaterialien wie Holz und Stein und fügen sich gekonnt in die finnische Wald- und Seenlandschaft oder die idyllische Umgebung an der finnischen Ostsee ein. Sie kombinieren schlichtes, elegantes „Nordisches Design“ und Funktionalität – denn genau das macht das moderne, finnische Architekturdesign von heute aus.
Bereits Finnlands berühmter Architekt und Designer Alvar Aalto, Erschaffer der berühmten Aalto Vase sowie zahlreicher bekannter Gebäuden in Finnland und auf der ganzen Welt, z.B. des Finlandia-Talo an der Töölöö-Bucht in Helsinki oder der Stadtbibliothek in Wolfsburg, legte großen Wert darauf, dass seine Konstruktionen praktisch, ökologisch und energetisch effizient, aber gleichzeitig schlicht und elegant sind und sich perfekt an die Gegebenheiten vor Ort anpassen. Die von Mer Arkkitehdit designten Gebäude kombinieren all das.
Sieben auf einen Streich – Architektinnen aus Helsinki nehmen Preis entgegen
Außerdem sei es eine Ehre, einem Architekturbüro, das komplett aus sieben talentierten Nachwuchsarchitektinnen besteht, den kreativen Goldfinger-Preis zu überreichen, betont Juhani. Denn auch wenn Frauen in Finnland bereits im Jahr 1857 Zugang zu akademischer Bildung erhielten und technische Berufsfelder wie Architektur und Maschinenbau studieren konnten, so gibt es in Finnland auch heute noch sehr wenig, weibliche Architektinnen. „Nur rund 15 bis 20 Prozent der Absolventinnen im Fachbereich Architektur eröffnen ein eigenes Architekturbüro“, bedauert Juhani, obwohl die Studienquote von Frauen im Studiengebiet Architektur an den meisten finnischen Universitäten sogar bei rund 50 Prozent liegt.
Stellvertretend für alle Architektinnen des Mer Architekturbüros nahmen am 10. Juli 2018 Julia Hertell und Jenni Hölttä mit großer Freude im historischen Fürstensaal der Würzburger Residenz den kreativen Architekturpreis in Empfang. Im Anschluss stellten sie ihre aktuellen Projekte vor und erzählten auch über den Arbeitsalltag in ihrem Helsinkier Architekturbüro. Später wurde außerdem im alten Pferdestall die Ausstellung zu den Projekten von Mer Arkkitehdit eröffnet.
Eine inspirierende Ausstellung über moderne, finnische Architektur
Bei der Besichtigung der Ausstellung erzählt mir Juhani mehr über die sieben Architektinnen aus Helsinki. Ich erfahre, dass sie erst vor drei Jahren gemeinsam ihr Büro in Helsinki eröffnet haben und alle sieben bereits langjährige Erfahrung aus der Mitarbeit an anderen großen Projekten wie Krankenhäusern oder Konzerthallen mitbringen.
„Sie haben tolle Ideen und ihre Projekte sind sehr inspirierend“, meint Juhani, während er mir mehr zu den einzelnen Fotos erzählt, die die Wände des kleinen Stores schmücken. Sie zeigen unterschiedliche Wohn- bzw. Sommerhäuschen. Ihre Fassaden sind hell und freundlich und zumeist aus weiß-gestrichenem Holz.
„Es wurde übrigens nicht nur Wert auf schönes Design gelegt. Die Gebäude sind auch ökologisch durchdacht und energetisch effizient“, erklärt Juhani. Ein kleiner Videofilm zeigt die Gebäude in bewegten Bildern. Ich komme richtig ins Schwärmen. Auch das Innendesign besticht mit nordischem Flair. Große Fenster durchfluten die Räume mit Licht und erlauben einen wunderschönen Blick in die unberührte, finnische Natur. Das Innendesign ist schlicht, hat aber Stil. Ganz nach meinem Geschmack.
Ein Modell für eine Insel-Sauna
Und was darf bei einem finnischen Haus am See oder Meer natürlich nicht fehlen? Richtig, die finnische Sauna. Das Modell auf dem Tisch in der Mitte des Ausstellungsraums zeigt ein Wohnhaus samt Saunahäuschen, das auf einer Insel versteckt zwischen Birken und hohen Kiefern steht. Ach, da bekomme ich richtig Nordweh, denn das erinnert mich an mein Wochenende am Marrasjärvi im Mökki von Freunden in Finnisch-Lappland. Damals 2014 war der Sommer auch so heiß und trocken wie dieses Jahr – es waren fast 30 Grad im Schatten und trotzdem haben wir genüsslich in der Sauna geschwitzt. Das Abkühlen im See war fantastisch und im Vergleich zur 80 Grad heißen Sauna herrlich kühl und erfrischend, genauso wie der Lonkero nach der Sauna. Und die Saunawurst schmeckte einfach herrlich….
Doch bevor ich ins Tagträumen verfalle, zurück zur Ausstellung im FIN-GER Concept Store. Wenn ihr mehr über das Architekturbüro aus Helsinki erfahren möchtet, dann schaut auf ihrer Website unter www.merarkkitehdit.fi vorbei. Das Architekturbüro bietet auch Workshops zu zahlreichen Architekturthemen an sowie einen Lese-Zirkel, bei dem regelmäßig über interessante Literatur aus dem Bereich Architektur geplaudert wird.
Podcast über Architektur und ein Bürohund namens Pikki
Und auf www.wuerzblog.de könnte ihr einem interessanten Interview von Ralf Thees lauschen, das im Vorfeld der diesjährigen FIN-GER Architektur Biennale entstand. In seinem Wü-Podcast Nr. 17 spricht er mit Julia Hertell und Jenni Hölttä von Mer Arkkitehdit über ihre Projekte, den Arbeitsalltag als Architektin und darüber, warum es auch in Finnland nur so wenig Frauen im Architekturbusiness gibt und natürlich erfahr ihr auch alles über den schwarzen Bürohund namens „Pikki“? Und mit Juhani und Matthias plaudert er über Architektur, ihre kulturelle Bedeutung und über die Idee, die hinter der FIN-GER Architektur Biennale steckt.
Und wenn ihr noch mehr über finnisches Design sowie Architektur erfahren wollte, solltet ihr unbedingt einmal im Buch „Out of he Blue – The Essence and Ambition of Finnish Design“ von Nokia Designer Marko Ahtisaari und Laura Houseley schmökern. Es bietet einen tollen Überblick über etliche bekannte, aber auch weniger bekannte finnische Designer und Designmarken.
Lasst die moderne, finnische Architektur und das finnische Design auf euch wirken!
Finnomenale Grüße!
Inken von Finntastic
Kontakt:
Finnish-German Concept Store (FIN-GER)
Juhani Karanka und Matthias Braun
Bürgerbräu Würzburg
06 pferdestall – Laden 02
Frankfurter Straße 87
97082 Würzburg