Andreas Diehl, Thomas Schicketanz und Christian Kaminski aus Butzbach bieten mit „Hike and See“ in Deutschland aber auch in Ostfinnland individuelle Outdoor- und Trekkingtouren an. Darüber wollte ich natürlich mehr wissen und habe mich mit den Jungs über ihr Finnland-Business unterhalten und auch gleich mal nachgehakt, woher ihre Finnland- und Naturverbundenheit stammt.
Finntastic:
Grüßt euch Thomas und Andreas. Schön, dass ihr Zeit für ein Interview auf meinem Finnlandblog habt. Wir sind schon mega gespannt mehr über euch zu erfahren. Doch zunächst interessiert uns, woher kennt ihr euch?
Thomas Schicketanz:
Andreas und ich sind Cousins. Wir wohnen beide in Butzbach in der Wetterau, im Taunus. Gemeinsam mit Christian Kaminski, ebenfalls aus Butzbach, kam ich auf die Idee mit Hike und See. Andreas ist dann etwas später dazu gestoßen. Sehr viel Unterstützung erhalten wir außerdem von Sebastian Menk, Sven Krausgrill und Andreas Hagel, denen wir an dieser Stelle auch besonders danken möchten. Weiterhin ein Dank an unsere Partner, Familien und Freunde, die uns immer wieder unterstützen und Verständnis für unsere Arbeit aufbringen.
Finntastic:
Wie entstand eure Finnlandbegeisterung und die Idee zu Hike and See?
Thomas Schicketanz:
Das erste Mal war ich 1988 mit Freunden und einem alten VW Bus in Finnland. Wir haben uns in der Nähe der Stadt Lappeenranta ein Mökki, ein finnisches Sommerhaus am See, ohne Strom und fließend Wasser gebucht. Die Idee kam von einem Freund, der früher mal mit den Pfadfindern in Finnland war. Zusammen mit Andreas bin ich dann auch ein paar Mal im Saimaa-Seengebiet zum Wandern gewesen.
Auf unserer ersten Tour sind wir von der Burg Olavinlinna gestartet und dann in Richtung Norden gewandert mit dem Ziel Tuusniemi. Das war echt cool! Wir sind einfach irgendwo aus dem Zug gestiegen und losgelaufen, völlig planlos. Auf späteren Wandertouren haben wir uns dann aber gezielt Trails gesucht. Und während dieser Touren kam uns dann die Idee, auch einmal andere Leute mitzunehmen, um ihnen Finnland, die unberührte Natur und die finnische Mentalität näher zu bringen. Daraus hat sich unser Finnlandbusiness „Hike und See“ entwickelt. Mittlerweile sind wir seit über zehn Jahren dabei.
Finntastic:
Wie sieht euer Tourangebot aus? Wer bucht eure Touren und wie lange im Voraus sollte man bei euch anfragen?
Thomas Schicketanz:
Unsere Touren werden vor allem gerne von passionierten Outdoor- und Trekkingfans aber auch allgemein von Menschen gebucht, die gerne draußen in der Natur sind. Neben den Outdoor- und Trekkingtouren in Ostfinnland bieten wir übrigens auch Wanderungen in Deutschland an, zum Beispiel im Taunus und entlang des Limes, aber auch entlang des Rhein- sowie Rennsteigs.
Und auch unser finnisches Catering und die Kochevents in Deutschland mit Flammlachs kommen gut an. Seit einiger Zeit nutzen wir in Karelien, in der Nähe von Ilomantsi ein Basecamp, so dass wir neben mehrtägige Treckingtouren in der Wildnis, auch Tagestouren anbieten können. Die eignen sich gut für Treckking-Anfänger. Und auch unsere Eltern-Kind-Touren in Finnland sind sehr beliebt. Am besten fragt ihr Touren so ein Jahr im Voraus an, dann können wir die Touren viel besser planen und auch auf persönliche Wünsche eingehen.
Finntastic:
Und warum gerade die Spezialisierung auf Trecking- und Outdoortouren?
Andreas Diehl:
Die ersten Trekkingtouren in Finnland waren für uns einfach eine spannende Erfahrung. Durch unsere Planlosigkeit gab es hin und wieder aber auch ein paar Probleme. Zum Beispiel entpuppte sich ein Wanderweg als ein Weg für Snowmobile, der über einen See führte. Im Winter sicher kein Problem, aber wir waren im Sommer da! *lacht*
Durch solche Erfahrungen kam uns der Gedanke, dass andere Trekkingfans und auch Trekkingeinsteiger, die Bock auf solche Touren haben, von unserem Wissen profitieren können. Zudem wollen wir die Leute zum richtigen Umgang mit der Natur sensibilisieren und zeigen das ein Aufenthalt in der Natur richtig Spaß machen kann, wenn man die Basics beherrscht und weiß, worauf es ankommt.
Finntastic:
Warum beschränkt ihr euch bei eurem Tourangebot im Norden auf Finnland?
Andreas Diehl:
Wir wollen ein unverfälschtes Naturerlebnis vermitteln. Das kannst Du in Finnland viel besser, als auf den überfüllten Wanderwegen in Schweden oder Norwegen. Denn es ist einfach schön mit einer kleinen Trekkinggruppe von sechs bis acht Leuten abends am Lagerfeuer vor dem Lavvu zu sitzen, Tee zu trinken und Geschichten zu erzählen. Und in einer kleinen Gruppe können wir Tourguides uns auch viel intensiver um die Teilnehmer kümmern.
Jeder kann so auch einmal eine Karte und einen Kompass in die Hand nehmen oder sich im Angeln versuchen. Mit einer kleinen Gruppe gelingt auch der Kontakt zu den Einheimischen viel besser, so dass die Teilnehmer auch die finnische Kultur, Mentalität und auch den finnischen Humor kennen lernen können. Einmal hatten wir zum Beispiel bereits jemanden vor Ort, der Flammlachs ganz nach finnischer Tradition gemacht hat.
Finntastic:
Erzählt uns ein wenig über eure Abenteuer auf dem Bärenpfad und der Wolfsroute und zu euren Touren, die ihr dort anbietet.
Thomas Schicketanz:
Der Bärenpfad in Karelien wird oft mit der Bärenrunde in Lappland verwechselt, ist aber genauso, wie die Wolfsroute (Wolfspfad), nicht so stark frequentiert. So bekommst Du beim Wandern auf dem Trail ein viel besseres Naturerlebnis.
Unsere erste Tour auf dem Bärenpfad war im Endeffekt ebenso ungeplant wie damals im Saimaa-Seengebiet. Wir sind in Uimaharju aus dem Zug gestiegen und erstmal im Pub gelandet. So haben wir gleich Kontakt zu den Einheimischen bekommen. Und die haben natürlich verdutzt geguckt, als wir erzählt haben, was wir vorhaben. Denn der Startpunkt des Bärenpfades im Patvinsuo Nationalpark, lag noch rund 45 Kilometer entfernt und es gab keine direkte Bus- oder Bahnverbindung. Der Wirt hat dann aber einfach einen Freund angerufen, der Deutsch konnte. Der hat uns schließlich zum Startpunkt gefahren. Also alles noch einmal gut gefangen!
Als wir den Bärenpfad gewandert sind, kam Christian Kaminski und mir, die Idee beim nächsten Mal auch den Wolfspfad anzuschließen. Wir sind dann das nächste Mal in sechs Tagen rund 220 Kilometer gelaufen. Also im Schnitt zwischen 35 und 42 Kilometer am Tag. Das war eine ganz schöne Tortur. Aber wir haben es geschafft. Das steigert ungemein das Selbstwertgefühl!
Für Anfänger bieten wir auf beiden Trails auch Kurztouren an. Durch gute Kontakte vor Ort können wir im Ernstfall dafür sorgen, dass jemand bei einer Verletzung schnell ins nächstgelegene Krankenhaus gebracht oder abgeholt wird, wenn er doch nicht die ganze Tour schafft. Doch bislang ist noch nichts Gravierendes passiert. Denn wir bereiten die Teilnehmer im Vorfeld immer gut auf die Tour vor. Wir schreiben zum Beispiel auch eine Packliste, damit der Rucksack nicht zu schwer wird und sie wissen, was sie auf alle Fälle mitnehmen müssen. Allerdings können wir es auf Wunsch auch organisieren, dass Rucksack bzw. Gepäck transportiert werden, wenn wir nicht im Zelt, sondern an festen Punkten, wie Wanderhütten, übernachten.
Finntastic:
Und wie kamt ihr zu eurem Basecamp in Karelien/Ostfinnland?
Thomas Schicketanz:
Die Gegend in Karelien ist nicht so stark besiedelt, wie die Gegend um Tuusniemi, wo wir als erstes gelandet sind und die Trails sind dort auch besser ausgebaut. Ein guter Freund, der leider vor zwei Jahren verstorben ist, hatte gute Kontakte vor Ort und hat uns Tipps für schöne Plätze gegeben. Er kannte auch den damaligen Bürgermeister von Ilomantsi, der damals Schirmherr des Camps war.
Das Basecamp ist übrigens ein ehemaliges Veteranencamp. Weil es in letzter Zeit nicht mehr oft gebraucht wurde, dürfen wir es jetzt nutzen. Es liegt rund 11 Kilometer außerhalb von Ilomantsi auf einer Halbinsel direkt am See. Vor Ort gibt es ein Haupthaus mit zwei Schlafräumen, einer Küche und einen Speisesaal sowie mehrere Nebengebäude mit Duschgelegenheiten, Sauna und Grillhütte. Der neue Rundwanderweg, der aus mehreren Trails besteht, führt direkt am Camp vorbei. Das ist sehr praktisch, vor allem auch für die Tagestouren.
Finntastic:
Und was gefällt euch ganz persönlich so gut an Finnland?
Andreas Diehl:
Die unberührte Natur und das Jedermannsrecht, das Jokamiehenoikeus. Es ist eine uralte Tradition sowie ein Gewohnheitsrecht. Es erlaubt uns, uns in Finnland zu Fuß frei in der Natur zu bewegen, unser Zelt an den ausgeschriebenen Rastplätzen entlang des Trails aufzuschlagen, mit einer einfachen Holzrute ohne Rolle zu angeln, Beeren und Pilze zu sammeln und uns mit dem Kanu, Paddel- oder Ruderboot auf den Gewässern zu bewegen.
Wir würden uns wünschen, dass das Jedermannsrecht auch auf Deutschland übertragbar wäre. Denn es geht nämlich auch mit Verantwortung einher, mit Respekt und Rücksicht auf die Umwelt, das Tierleben und natürlich auch auf die Grund- und Waldbesitzer sowie die Menschen, die in der Nähe ihr Sommerhaus haben. Daher sollte man immer schauen, ob man sich auf einem privaten Grund- bzw. Waldstück befindet, bevor man dort sein Zelt aufschlägt und aus Respekt erst einmal den Grundstücksbesitzer um Erlaubnis fragen.
Die Finnen nehmen außerdem auch ganz selbstverständlich ihren Müll immer mit nach Hause oder lassen ihn an den ausgeschriebenen Müllcontainern an den Schutzhütten oder Lavuus zurück. Diese finnische Sicht wollen wir bei unseren Touren und Events vermitteln, frei nach dem Motto: „Leave no Trace“. Denn uns tut es immer in der Seele weh, wenn wir die zugemüllten Grillplätze in Deutschland sehen!
Finntastic:
Erzählt uns ein wenig über die Outdoortouren für Kinder, die ihr anbietet.
Thomas Schicketanz:
Grundsätzlich können wir solche Outdoortouren für Kindergruppen nur anbieten, wenn ein Pädagoge dabei ist. In Deutschland arbeiten wir seit zehn Jahren mit der Kirche zusammen und bieten zum Beispiel Outdoortage für Konfirmanden an. Das Eltern-Kind Camp war damals möglich, weil immer ein Elternteil dabei war. Solche Touren bieten wir immer im Frühjahr, also im Mai bzw. Juni oder im Oktober, also im Herbst an. Ob die Touren stattfinden richtet sich natürlich immer danach, ob eine Gruppe von mehreren Kindern und Eltern zustande kommt.
Finntastic:
Und wie schafft ihr es, die Kids für die Natur zu sensibilisieren?
Thomas Schicketanz:
Bei unseren Großeltern und uns war die Naturverbundenheit noch stärker ausgeprägt. Bei Kindergruppen aus Deutschland ist das oft nicht mehr so der Fall. Natürlich tut sich auch bei der Jungen Generation langsam etwas, ein gutes Beispiel ist die „Friday for Future-Bewegung“. Aber wir stellen immer wieder fest, wie wenig Jugendlichen heutzutage über Tiere und Pflanzen und die Natur wissen. Gerade hier sehen wir unsere Verantwortung eine Generation zu unterstützen, die durch ihre direkten Vorfahren große Probleme bezüglich der Natur vererbt bekommen hat.
2015 haben wir zum Beispiel ein Eltern-Kind-Camp in Finnland veranstaltet. Die Kinder haben abends in ihren Schlafsäcken gelegen und nur mit dem I-Phone gedaddelt, während draußen die schönste Natur auf sie wartete. Zusammen mit den Eltern haben wir deshalb entschieden, die Handys für die Zeit des Camps einzusammeln. So haben die Kids entdeckt, welche tollem Sachen man so draußen in der Natur machen kann, wie angeln, Kanu oder Ruderboot fahren. Abends haben wir gemeinsam am Lagerfeuer gesessen und Geschichten erzählt. Und so sind die Kinder einfach mit einem riesigen Schatz an Erlebnissen heimgefahren.
Finntastic:
Welche Teile Finnlands außer Ostfinnland habt ihr denn noch bereist und habt ihr ein paar finale Outdoor- und Treckingtipps zu Finnland für uns?
Andras Diehl:
Wir haben schon oft Städtetrips gemacht, zum Beispiel zum Eishockey nach Tampere oder Helsinki. Wir haben uns Porvoo angesehen und Kuopio. In Joensuu waren wir auch schon einmal. Lappland ist noch ein weißer Fleck auf der Landkarte. Wir können auf jeden Fall empfehlen einmal in ein finnisches Pub zum Karaoke singen zu gehen. Das machen wir auch gerne mit unseren Tour-Teilnehmern. Außerdem reisen wir in Finnland gerne mit dem Zug. Denn das Reisen ist komfortabel und vor allem kommen die Züge im Vergleich zur Deutschen Bahn fast immer pünktlich. Toll ist auch, dass Du das Ticket direkt beim Schaffner kaufen kannst.
Meine Frau war letztens zudem zu einem Wettkampf in Turku und hat sehr von der Stadt geschwärmt, vor allem von den vielen, kleinen Insel vor der Küste. Turku steht daher ganz oben auf unserer Liste der finnischen Reiseziele. Gerne geben wir euch auch unabhängig von einer gebuchten Tour ein paar Outdoor- und Treckingtipps für Finnland. Schreibt uns einfach an. Es ist immer besser, dass ganz individuell auf den geplanten Trip zu geben.
Finntastic:
Vielen herzlichen Dank für das spannende Interview und viel Spaß auf der nächsten Trekkingtour in Finnland!
Andreas Diehl:
Gerne, es hat uns auch sehr viel Spaß gemacht! Wenn Du mal Lust auf ein Trekkingerlebnis in Finnland hast, sag Bescheid, wir machen Dich gerne mit den Basics bekannt und zeigen Dir die tolle Landschaft rund um Ilomantsi.
Kontakt zu Hike and See
Hike and See
Reiseveranstalter für Outdoor- und Treckingtouren in Deutschland und Ostfinnland
Thomas Schicketanz, Andreas Diehl und Christian Kaminksi
Mail: info@hikeandsee.de
Facebook: @Hike and See
Website: www.hikeandsee.de