Hyvää Itsenäisyyspäivää Suomi!!

(FOTO: Finntastic) Der 6. Dezember gilt in Finnland als Nationalfeiertag. Die Finnen zelebrieren damit ihre seit 1917 erlangte Unabhängigkeit von Russland.
(FOTO: Finntastic) Der 6. Dezember gilt in Finnland als Nationalfeiertag. Die Finnen zelebrieren damit ihre seit 1917 erlangte Unabhängigkeit von Russland.

Finnland feiert 99. Jahre Unabhängigkeit

In Finnland kommt am 6. Dezember nicht nur der Nikolaus. Für die Finnen hat dieser Tag eine viel größere Bedeutung. Die Finnen zelebrieren an diesem Tag ihre Unabhängigkeit. Denn von 1809 bis 1917 gehörte Finnland als autonomes Großfürstentum zu Russland und davor viele Jahrhunderte zum schwedischen Königreich.

Auf dem Weg zur Unabhängigkeit: Finnland nach dem ersten Weltkrieg

Die Niederlage Russlands im ersten Weltkrieg und der Zerfall des Russischen Kaiserreiches führte letztendlich zur Unabhängigkeit Finnlands. Sie wurde am 6. Dezember 1917 vom finnischen Parlament unter der Leitung von Senatspräsident Pehr Evind Svinhufvud feierlich verkündet und wenig später auch von der neuen sowjetrussischen Regierung anerkannt.

Der tatsächliche Ablösungsprozess von Russland wurde jedoch zunächst von schweren inneren Konflikten begleitet. Es folgte ein dreimonatiger Bürgerkrieg, der vom 27. Januar bis zum 5. Mai 1918 anhielt. Im Jahr 1919 bekam Finnland dann eine eigene republikanische Verfassung und Kaarlo Juho Ståhlberg wurde zum ersten Präsidenten der Republik Finnland ernannt. Seit 1929 gilt der 6. Dezember offiziell als gesetzlicher Staatsfeiertag.

Finnland während und nach dem zweiten Weltkrieg

Im zweiten Weltkrieg mussten die Finnen abermals ihre Freiheit im Winterkrieg (1939-1940) und im Fortsetzungskrieg (1941-1944) verteidigen. Denn im November 1939 überfiel die Sowjetunion Finnland trotz verabredetem Nichtangriffspakt. Finnland ging aus dem Krieg als Verlierer hervor und verlor große Teile Ostfinnlands (Karelien) an die Sowjetunion.

Nach dem zweiten Weltkrieg musste Finnland, das seitdem auf seine Neutralität bestand, dann den Spagat zwischen Ost und West meistern. 1948 schloß Finnland mit der Sowjetunion den „Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und Beistand“. Gleichzeitig entwickelten sich enge Beziehungen zu den skandinavischen Nachbarländern. 1955 trat Finnland der NATO und im Jahr 1995 der Europäischen Union bei. Seit 2002 gehört Finnland zur Europäischen Währungsunion und hat seitdem anstatt der Finnmark (Finnisch: Markka) auch den Euro als gesetzliches Zahlungsmittel.

Ihre erreichte Unabhängigkeit mussten sich die Finnen also hart erkämpfen. Dies wird am Unabhängigkeitstag gefeiert, genauso wie die damit im Zusammenhang stehende Stärkung der finnischen Identität. Natürlich wird auch den Soldaten, die im Winter- und Fortsetzungkrieg fielen, gedacht. Der Unabhängigkeitstag (Finnisch: „Itsenäisyyspäivä“) gehört zu den offiziellen Beflaggungstagen. In ganz Finnland wird am 6. Dezember zwischen 8 und 20 Uhr – an allen Schulen, öffentlichen Gebäuden und auch privaten Wohnhäusern die finnische Flagge gehisst.

Beflaggungstage
(FOTO: Finntastic) Am Unabhängigkeitstag weht überall in ganz Finnland die finnische Flagge.

Traditionen am Unabhängigkeitstag

In diesem Jahr kann Finnland übrigens bereits auf eine 99-jährige Unabhängigkeitsgeschichte zurückblicken und im nächsten Jahr feiert die Republik Finnland dann ihr 100-jähriges Bestehen. Hierzu gibt es bereits im Vorfeld des Jubiläumstages am 6. Dezember 2017 ab 1. Januar 2017 in ganz Finnland aber auch an vielen anderen Orten auf der Welt feierliche Veranstaltungen und Events.

Aber nun zur finnischen Unabhängigkeitstradition! Am morgen des Staatsfeiertages wird um 9 Uhr auf dem Hügel des Tähtitornis in Helsinki, am  Observatorium der Universität Helsinki, die Finnlandflagge gehisst. Viele Konditoreien bieten am Unabhängigkeitstag blau-weißes Gebäck an und auch die Schaufenster der Läden und Kaufhäuser sind an diesem Tag ganz in den Nationalefarben blau-weiß dekoriert.

Im Helsinkier Dom am Senatsplatz und in allen finnischen Kirchen gibt es an diesem Tag einen Festtagsgottesdienst. Nach den Gottesdiensten werden auf den Soldatenfriedhöfen Kränze niedergelegt, um an die Gefallenen zu erinnern. Auch Verwandte und Bekannte der Kriegsopfer legen Kerzen und Blumen an den Gräbern nieder.

Die Abiturienten, die im Herbst ihre Abschlussprüfung abgeglegt haben, erhalten am Vortag des Unabhängigkeitstages ihre Matura überreicht. Der Helsinkier Bürgermeister lädt außerdem die Viertklässler der Stadt am Unabhängigkeitstag zu einer großen Feier in die Finlandia-Halle ein. Ein echtes Ereignis für die zehn oder elfjährigen Kinder. Die Mädchen kleiden sich für diesen Anlass elegant in hübschen Abendkleidern. Die Jungen tragen schwarze Anzüge – viele von ihnen zumeist auch zum ersten Mal eine Kravatte. Die Schüler studieren extra für die Veranstaltung traditionelle finnische Volkstänze ein. 

Blau-weiße Kerzen, Fackelumzüge und Paraden

Zwischen 18 und 20 Uhr werden am Unabhängigkeitstag in vielen Fenstern zwei blau-weiße Kerzen angezündet und in vielen Universitätsstädten gibt es große Fackelumzüge, woran Studenten und das Universitätspersonal teilnehmen. Auch sie besuchen auf ihrem Marsch die Friedhöfe und legen Kränze nieder. Während des Umzuges wird die Nationalhymne Finnlands, die „Maamme“, gesungen und Studentenvertreter halten Reden über die Bedeutung der Unabhängigkeit für Finnland.

Außerdem gibt es eine nationale Soldatenparade, die jedes Jahr in einer anderen Stadt stattfindet.  Der Präsident der Republik Finnland verleiht im Rahmen der Veranstaltung Orden und spricht militärische Beförderungen aus. Auch einige andere Städte halten lokale Paraden und Umzüge ab.

Der Gala-Empfang im Präsidentenpalast

Höhepunkt des Nationalfeiertages ist der prunkvolle Empfang zum Unabhängigkeitstag im Präsidentenpalast von Helsinki. Die Gala-Veranstaltung wird seit 1967 sogar live im Fernsehen übertragen. Es ist so gut wie jedes Jahr die meist geschaute Sendung Finnlands. Rund 2000 Gäste werden zu dem Empfang eingeladen, unter ihnen Mitglieder des Stadtrates, der Regierung und des Parlaments, ausländische Diplomaten, Bischöfe, finnische Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Kanzler und Direktoren der Universtiäten, Offiziere, oberste Beamte der Rechtssprechung sowie ehemaligen Präsidenten, Minister- und Parlamentspräsidenten.

Seit vielen Jahren erhalten auch einflussreiche Personen des Wirtschaftslebens, erfolgreiche Sportler und Künstler sowie Prominente eine Einladung. Bekannte Gäste auf dem Unabhängigkeitsempfang im Präsidentenpalast waren beispielsweise bereits The Rasmus-Sänger Lauri Ylönen, Rennfahrer Kimi Räikkönen oder der Frontsänger der finnischen Rockband HIM, Ville Valo.

Die Finnen feiern den Unabhängigkeitstag mit Familie und Freunden

Viele Finnen legen großen Wert auf das Zelebrieren des Unabhängigkeitstages. Sie feiern es mit der Familie oder Freunden bereits am Vortag des Unabhängigkeitstages mit einem ausgiebigen Abendessen und schauen am nächsten Tag gemeinsam den Empfang im Präsidentenpalast im Fernsehen an. Höhepunkt des Empfangs ist, neben der Rede des Präsidenten, das obligatorische „Shaking Hands“, bei dem die geladenen Gäste nacheinander dem amtierenden Präsidenten Finnlands zur Begrüßung die Hand schütteln. Seit 2012 ist der Finne Sauli Niinistö Präsident der Republik Finnland.

Im Anschluss an das obligatorische Programm spielt meistens eine Band und die Zuschauer vor den Fernsehbildschirmen können den Gästen beim Tanzen, Essen und Trinken zuschauen. Oft mischen sich auch Reporter unter die Gäste und interviewen Prominente zu ihren Vorstellungen und Meinungen zum Unabhängigkeitstag.

Ab einer gewissen Urzeit wird die Presse verbannt und die Verstaltung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit weiter statt. Die Presse spekuliert oft noch Wochen danach, was sich wohl nach dem offiziellen Teil so alles abgespielt haben könnte und versorgt ihre Leser bzw. ihr Publikum mit dem neuesten Klatsch und Tratsch vom glamourösen Empfang.

Kritische Stimmen und soziales Engagement am Unabhängigkeitstag

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Oft versammeln sich während des Präsidentenempfangs  einige Menschen vor dem Palast, um ihre Meinung über Ungleichheiten in der Gesellschaft oder zu anderen politischen Themen zum Ausdruck zu bringen.

Der finnische Wohltäter Veikko Hursti (1924 – 2005) wollte es auch den gesellschaftlich benachteiligten Menschen Finnlands ermöglichen, den Unabhängigkeitstag zu zelebrieren. Er organisierte somit jahrzehntelang die „Präsidentenschlossfeier für Arme“ auf dem Marktplatz im Helsinkier Stadtteil Hakaniemi. Seit Hurstis Tod führt sein Sohn Heikki Hursti diese ehrenamtliche Tradition mit viel Herzblut fort. Die  Bedürftigen erhalten im Rahmen der Veranstaltung ein warmes Essen und auf Anfrage  Kleidung aus der privaten Altkleidersammlung.

Die Finnen lernen also von Klein auf, das Selbstbestimmung, Demokratie und Freiheit keine Selbstverständlichkeit darstellen. Sie werden somit jedes Jahr am Nationalfeiertag daran erinnert, dass diese Werte hart erkämpft wurden und sie deshalb auch als besonders schützenwert anzusehen sind.

Mukavaa Itsenäisyyspäivää kaikille!

Einen tollen Unabhängigkeitstag wünscht Euch

Inken von Finntastic


Buchtipps zur finnischen Geschichte

Zum Schluss noch ein kleiner Buchtipp von mir: Vor kurzem habe ich das Buch  „Geschichte Finnlands“ von Eino Jutikkala zu lesen begonnen. Ein tolles Buch für Finnlandfans und solche, die sich speziell für die Finnische Geschichte interessieren. Das Buch beschreibt die Geschichte Finnlands, angefangen von der Besiedlung Finnlands vor mehr als 9000 Jahren, über die schwedische und russische Erä hinweg, bishin zur finnischen Unabhängigkeit im Jahr 1917 und die Zeit vor und nach dem zweiten Weltkrieg.

Weitere Bücher zur finnischen Geschichte:

– Finnlands Geschichte: Lienien, Strukturen, Wendepunkte – Henrik Meinander (Scoventa Verlag)

– Finnland: von den Anfängen bis zur Gegenwart (Geschichte der Länder Skandinaviens) – Ingrid

– Finnland – Geschichte, Kultur, Gesellschaft – Hartmut E. H. Lenk

– Finnland: Geschichte und Kultur bis 1900 – Johannes 

– Finnlands deutsches Königsabenteuer 1918 – Anders Huldén

– Finnland im neuen Europa – Max Jakobson

– Geschichte Finnlands im Überblick – Matti Klinge

– Kleine Geschichte Finnlands – Edgar Hoesch

– Politische Geschichte Finnlands seit 1809 – Osmo Jussila

– 1918 – Das deutsche Finnland: Die Rolle der Deutschen im finnischen Unabhängigkeitskries – Marjaliisa 

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