(Markennennung)* Im März vor sechs Jahren ging eine Ära zu Ende: Die erfolgreiche, finnische Rock- und Love Metal Band HIM um Leadsänger Ville Valo gab ihre Auflösung bekannt. Ein Schock für die internationale Fangemeinde. Ein kleiner Wermutstropfen: Ville Valo veröffentlichte im Jahr 2019 gemeinsam mit derfinnischen Band „Agents“ bis dato unveröffentlichte Songs des bereits 1987 verstorbenen Sängers Rauli Badding Somerjoki unter dem Albumtitel „Ville Valo & Agents“, mit denen er zusammen mit den Agents auch auf Tour ging und auch auf diversen Festivals spielte. Nun ist der Musta Prinssi (Finn: Schwarzer Prinz), wie er in finnischen Musikerkreisen gern genannt wird mit neuer Musik zurück.
Mit einem grandiosen Konzert zu seinem Soloalbum „Neon Noir“, bei dem er auch alte HIM-Klassiker zum Leben erweckte, begeisterte der EX-HIM Frontman und Creator des Genre „Love Metal“ in Frankfurts beliebtem Rockklub, der Batschkapp, das Frankfurter Publikum.
Inhaltsverzeichnis
- Konzertreview – Ville Valo live in der Batschkapp Frankfurt (Neon Noir Tour 2023)
- Kurzreview zum Ville Valo-Soloalbum „Neon Noir“
Ville Valo live in der Batschkapp Frankfurt – Ein Konzertreview zur Neon Noir Tour 2023
Nachdem wir mit dem Auto zunächst mehrfach eine Ehrenrunde um die „Batschkapp Frankfurt“ gedreht haben, sind wir gegen halb acht zu Fuß in Richtung Musikklub unterwegs. Einen Parkplatz zu finden, glich heute fast einem Sechser im Lotto, denn das Ville Valo Konzert der „Neon Noir Tour 2023“ in der Frankfurter Batschkapp war lange im Voraus bis auf den letzten Platz ausverkauft. Die Wartelisten bei diversen Ticketbörsen im Netz platzten sogar noch Tage vor dem Konzert aus allen Nähten! Gut, dass wir unsere Karten schon über ein Jahr vorher ergattert hatten.
Die isländische Vorband Kælan Mikla rockt bereits die Bühne, als wir uns in die mehr als ein hundert Meter lange Schlange einreihen, die sich noch immer vor dem Eingang der Frankfurter Batschkapp bildet. Gebannt warten wir wie hunderte andere Fans und Musikfreaks an diesem Abend darauf, die Konzertlocation betreten zu können.
Die Spannung, die neuen Ville Valo-Songs vom Soloalbum „Neon Noir“ live zu hören, steigt von Minute zu Minute. Riesig ist auch die Vorfreude auf ein wenig HIM-Nostalgie. Denn Ville Valo hatte im Vorfeld angekündigt, auf seinen Neon Noir Konzerten auch diverse alte HIM-Songs auf die Setlist zu setzen und sie zu neuem Leben zu erwecken! In der Schlange sind wir in bester Gesellschaft: Überall blitzen Shirts mit dem Heartagram-Logo hervor, hin und wieder auch ein hübsch arrangiertes Heartagram Tattoo.
Dann endlich: Wir haben es geschafft! Das Batschkapp-Team an der Garderobe ist routiniert und wie das Publikum in guter Stimmung. Die dicke Winterjacke ist schnell abgegeben. Endlich kommt nun auch mein HIM-Shirt einmal zum Einsatz, das ich bereits 2009 bei einem der Helldone Konzerte im Helsinkier Tavastia Klub erworben habe und das seit dem Abschlusskonzert 2017 in Köln im Kleiderschrank ein eher tristes Dasein gefristet hat.
Die drei Cold-Wave und Post-Punk Ladies von Kælan Mikla aus Reykjavik heizen dem Publikum mit ihrem schrillen, teils schreienden Gesang sowie dunklen Bass- und Halleffekten ordentlich ein, als wir uns ins Getümmel stürzen. Wir suchen uns einen Platz in der Menge mit gutem Blick auf die Bühne. Kaum jemand trägt Maske. Die Stimmung ist fröhlich und ausgelassen und das Konzert-Feeling fast so wie in Zeiten vor Corona. Wir holen uns ein kühles Bier von der Bar und lassen die letzten sphärischen Klänge der Vorband auf uns wirken, bevor sich die drei Isländerinnen gegen 20:30 Uhr vom Publikum verabschieden.
Wie in alten HIM-Zeiten – Ville Valo und Band erobern das Publikum im Sturm
Während die Bühne für Ville Valos Auftritt umgebaut wird, nutzen wird die Gelegenheit, um uns mit einem neuen Erfrischungsgetränk zu versorgen, bevor wir musikalisch in alte Zeiten katapultiert…und in einen Strudel aus Erinnerungen und Emotionen gerissen werden…Gegen 21 Uhr ist es soweit: Passend zum Tour- und Albumtitel „Neon Noir“ kündigt ein neonfarben, beleuchtetes Heartagram, musikalisch untermalt mit lauten Gitarrenriffs den heißersehnten Musiker des heutigen Abends an. Was sofort ins Auge sticht: Das Heartagram trägt seit Neuestem ein doppeltes „V“, natürlich ein Symbol dafür, dass Ville Valo nun solo durchstartet.
Unter tosendem Applaus betreten Ville Valo und seine Tourband die Bühne. Auch wir sind komplett aus dem Häuschen und spüren zugleich den ersten Hauch von HIM-Nostalgie. Ville Valos Outfit ist schlicht wie eh und je. Jacket, Shirt und Hose sind wie immer in seiner Lieblingsfarbe Schwarz gehalten und sitzen perfekt, genauso wie der allseitsbekannte schwarze Kajal an beiden Augenlidern. Auf seinem Kopf thront passend zur Konzertlocation eine schwarze Batschkapp. Doch diese ist nicht erst seit diesem Abend sein Markenzeichen. Ville tauschte sie schon in der Vergangenheit, z.B. während des Musikprojektes mit den Agents, gern gegen die sonst so populäre dunkle Wollmütze. Warum man den mittlerweile 46-Jährigen Finnen seit Jahren kaum noch ohne Kopfbedeckung zu Gesicht bekommt, werden auch wir an diesem Abend nicht in Erfahrung bringen. Es bleibt somit bis auf Weiteres ein in Fankreisen viel diskutiertes aber ungelöstes Geheimnis.
Ville Valo wirkt trotz Tourstress an diesem Abend zufrieden, entspannt und erholt. Seine Stimme ist kräftig und düster wie immer. Allerdings ist er ziemlich dünn geworden: Sicher auch ein Effekt seines neuen, strikt gesunden Lebenswandels: Denn Alkohol und Zigaretten hat der finnische Musiker vor Jahren abgeschworen. Doch nicht nur Ville Valos Stimme, sondern auch die Band des Abends überzeugt. Zuweilen hat man sogar das Gefühl, dass die Songs im Vergleich zu alten HIM-Konzerten fast ein wenig präziser und klarer klingen. Was wohl auch daran liegt, dass die HIM-Besetzung von damals viel mehr aufeinander eingespielt war und dies mehr Raum für musikalische Improvisation bot.
Was keinesfalls heißen soll, dass es die Band an diesem Abend nicht draufhat. Ganz im Gegenteil: Die aktuelle Besetzung aus den Musikern Mikko Virta und Sampo Sundström (Gitarre), Juho Vehmanen (Bass) und Risto Rikala (Schlagzeug) ist hochprofessionell und harmoniert perfekt miteinander, so als würden alle schon ewig gemeinsam touren. Aber natürlich vermisst man als eingefleischter HIM-Fan zum Beispiel die genialen Gitarrensolos von Mikko Viljami Lindström alias „Linde“ oder auch die kräftigen Beats des Schlagzeugers Mika Kristian Karppinen alias „Gas Lipstick“.
Geniale Mischung aus alten und neuen Songs verströmt HIM-Nostalgie
Als Eröffnungsnummer geben Ville Valo und Band „Echolocate your Love“ zum Besten. Ich denke eine gute Wahl für den Einstieg. Besonders klasse: Ville Valo hält sein Versprechen! An diesem Abend werden immer im Wechsel neue und alte Songs gespielt. Song Nummer zwei darf daher natürlich kein anderer sein, als „Funeral of Hearts“ (Love Metal, 2003), eines meiner Lieblingssongs aus der HIM-Ära und wohl zugleich eines der bekanntesten HIM-Songs. Spätestens hier hat die HIM-Nostalgie das Publikum fest im Griff. Alle sind völlig aus dem Häuschen und es wird kräftig mitgesungen.
Weitere an diesem Abend performte HIM-Songs sind u.a. der schwungvolle Song „Right here in My arms“ (Razorblade Romance, 1999), „Wings of a Butterfly“ (Dark Light, 2005) oder „When love and Death embrace“ vom Debütalbum „Greatest Lovesongs Vol. 666“ (1997). Beim Song „Join me (in Death)“ bricht schließlich eine regelrechte Kreischorgie aus. Nicht verwunderlich, denn die Auskopplung vom Soundtrack des Films „the 13th Floor“ war DER Song, mit dem HIM 1999 in Deutschland und damit in ganz Europa ihren Durchbruch schaften.
Doch auch die neuen Stücke vom Soloalbum „Neon Noir“ darunter der gleichnamige Titel „Neon Noir“ sowie „Loveletting“, „In Trenodia“ oder „The Foreverlost“ punkten an diesem Konzertabend. Super ist, dass sich die eher seichten, neuen Songs stets mit schwungvollen, alten HIM-Songs abwechseln. Musikalische Höhepunkte vom aktuellen Album sind an diesem Abend zum einen das Stück „Heartful of Ghosts“, zum anderen der Song „Run away from the Sun“, der wirklich echtes Ohrwurmpotenzial hat.
Ungewohnt ist, dass sich Ville Valo zwischen den Darbietungen zunächst ungewohnt schweigsam zeigt und sich die Songs fast nahtlos aneinander reihen. Denn für gewöhnlich gerät Ville bei Auftritten gerne einmal in Plauderlaune. Was wohl aber daran liegt, dass auch für Ville Valo das Solo-Touren „ungewohnt“ ist und er gerne, wie er selbst erklärt, erst einmal die Arbeit machen (gemeint ist: die Setliste abarbeiten) wollte, bevor er zu sehr ins Plaudern gerät. Zum Schluss hat Ville Valo dann doch noch ein paar lustige Anekdoten auf Lager, die allerdings trotz Mikrofon akustisch nicht so recht zu verstehen sind. Was dem stimmungsvollen Abend aber keinen Abbruch tut. Denn es gibt gleich noch einige Zugaben, darunter auch alte HIM Klassiker wie „Poisen Girl“ und „Soul on Fire“, die wir bereits vermisst haben.
Ein tolles Konzert, in einer echt genialen Location, bei dem nicht nur die neuen Ville Valo Songs überzeugten, sondern auch die HIM-Nostalgie und damit eine musikalische Zeitreise für alle langjährigen HIM-Fans nicht zu kurz kam.
* Dieser Blogbeitrag entstand mit freundlicher Unterstützung des bekannten Musikclubs „Batschkapp Frankfurt“, dessen Team mir Fotos für meinen Konzertreview zur Verfügung gestellt hat. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank dafür!
Album Review: Neon Noir – Ein Solo-Debütalbum mit gewohntem „Love Metal“ Charme
Und weil mich das Konzert echt geflasht hat, gibt‘s von mir noch einen „Finntastischen“ Album Review von „Neon Noir“ oben drauf! Viel Spaß beim Lesen:
Bereits der Albumtitel „Neon Noir“ klingt vielversprechend und erinnert an HIM: Denn die meisten HIM-Songs stammten ja bekanntlich aus Ville Valos Feder und der finnische Musiker ist bekannt dafür, lyrisch sowie musikalisch gerne mit Gegensätzen wie Liebe und Tod und düsteren Methaphern zu spielen. Und dabei ist sich Ville Valo auch auf seinem Soloalbum treu geblieben. Viele der Melodien und Songtexte auf dem Album wirken somit vertraut und lassen Erinnerungen an alte Zeiten wach werden.
Die rhythmischen Gitarrenklänge zu Beginn des Songs „Neon Noir“ beispielsweise erinnern ein wenig an den Sound in „Wings of a butterfly“ vom HIM-Album Dark Light (2005), allerdings in einer eher seichteren Variante. Und die Gitarrenriffs in „Echolocate your Love“ ähneln einigen Passagen aus dem Song „Heartkiller“ vom siebten HIM Album Screamworks – Love in Theory and Practice (2010). Auch Villes düstere und melancholisch angehauchte Stimme begeistert wie eh und je in den Songs. Das Soloalbum „Neon Noir“ ist somit eine perfekte Reinkarnation des legendären „Love Metal“-Sounds: Eine Mischung aus düsterem Rock, Melodic Metal und Popelementen, für die HIM weltbekannt wurden.
Doch für musikalischen Facettenreichtum steht das Album „Neon Noir“ meiner Meinung nach eher nicht. Viele der Lieder vom neuen Soloalbum klingen ähnlich und es fehlt einigen Songs auch ein klein wenig an Tiefgang und Schwung. Man merkt dem Soloalbum deutlich an, dass dem ehemaligen HIM-Frontman ein wenig frischer Wind und musikalische Inspiration von außen zum Beispiel durch seine ehemaligen Bandkollegen fehlt. Aber HIM-Fans und Liebhaber von Dark Rock und Melodic Metal kommen hier trotzdem voll auf ihre Kosten: Denn das Album ist eine perfekte Kombination aus harmonischen Melodien, finnischer Melancholie und ganz viel Herzschmerz, bespickt mit erfrischen Soundeffekten, wie elektronischen Synthesizern oder auch poppigen Musikeinlagen.
Außer Acht lassen sollte man zudem nicht, dass Ville Valo nicht nur alle Songs des Debütalbums „Neon Noir“ selbst getextet und komponiert, sondern noch dazu fast alle Songs im eigenen Tonstudio mit unterschiedlichen Instrumenten wie E-Piano oder Gitarre selbst eingespielt hat. Da kann ich nur sagen Respekt vor solch einer musikalisch-künstlerischen Leistung! Hier zeigt sich auch, auf welch musikalisch, hohem Niveau sich das Album ansiedelt und welch musikalisches Allroundtalent Ville Valo tatsächlich ist!
Ich bin sehr gespannt, wie es mit seiner Solokarriere weitergeht. Allerdings hoffe ich, dass Ville Valo künftig musikalisch noch ein wenig mehr seine Komfortzone verlässt. Ich glaube es schlummert viel mehr in ihm, als er uns bis jetzt mit seinem Soloalbum gezeigt hat! Denn seine musikalische Vielseitigkeit hat er längst mit dem gemeinsamen Musikprojekt mit den Agents oder auch in diversen anderen Side Projekten mit anderen Musikern bewiesen. Es bleibt spannend!
Neon Noir – Das sind die Songs von Ville Valos Debütalbum als Solokünstler:
- Echolocate your Love
- Run away from Sun
- Neon Noir
- Loveletting
- The Foreverlost
- Baby Lacrimarium
- Salute the Sanguine
- In Trenodia
- Heartful of Ghosts
- Saturnine Saturnalia
- Zener Solitaire
- Vertigo Eyes
—-> Hier könnt ihr auf YouTube in die Songs von Ville Valos Soloalbum „Neon Noir“ reinlauschen!
Wie gefällt euch Ville Valos Soloalbum „Neon Noir“? Welcher Track vom Album gefällt euch am besten und warum?
Und habt ihr wie wir Ähnlichkeiten zu alten HIM-Songs entdeckt?
Schreibt es uns in die Kommentare! Wir sind gespannt auf eure Kurzreviews.
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