Präsidentschaftswahlen 2024 – Alexander Stubb gewinnt

(FOTO: Finntastic) Finnland hat ein neues Staatsoberhaupt: Alexander Stubb setzte sich in der Stichwahl gegen Pekka Haavisto durch.
(FOTO: Finntastic) Finnland hat ein neues Staatsoberhaupt: Alexander Stubb setzte sich in der Stichwahl gegen Pekka Haavisto durch.

Am 28. Januar hat Finnland im ersten Wahlgang einen Nachfolger für Präsident Sauli Niinistö gewählt, der Finnland zwölf Jahre geführt hat. Da keiner der neun Präsidentschaftskandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichte, traten die beiden Sieger Alexander Stubb (Nationale Sammlungspartei) und Pekka Haavisto (parteiunabhängig) am 11. Februar in einer Stichwahl gegeneinander an, wobei Alexander Stubb mit knapper Mehrheit das Rennen machte. Mehr über die Präsidentschaftswahlen 2024, Finnlands neuen Präsidenten Alexander Stubb und die Bedeutung des Amtes des finnischen Präsidenten für die finnischen Außenpolitik in diesem Artikel.

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Präsidentschaftswahlen 2024: Wahlsystem – Wie wird gewählt?

Bis 1994 wurde der Präsident von Wahlmännern und -frauen gewählt, die vom Volk durch Wahlen legitimiert wurden. Heute stellen die im Parlament vertretenen Parteien ihre Spitzenkandidaten und -kandidatinnen zur Wahl. Diese werden dann direkt vom Volk gewählt. Auch parteiunabhängige Kandidaten können sich als Präsidentschaftskandidat qualifizieren, in dem sie im Vorfeld der Wahlen 20.000 Unterschriften sammeln, zum Beispiel unterstützt durch eine Wählervereinigung.

An den Präsidentschaftswahlen können alle finnischen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen teilnehmen, also auch die im Ausland lebenden Finnen und Finninnen. Sie können ihre Stimme für beide Wahlgänge in so genannten Vorwahlen in den Botschaften und Konsulaten im Ausland abgeben oder per Briefwahl an beiden Wahlgängen teilnehmen.

Die Wahl des finnischen Staatsoberhaupts selbst erfolgt in der Regel in zwei Wahlgängen: Im ersten Wahlgang wählt das Volk aus allen zur Wahl stehenden Kandidaten seinen Favoriten. Erreicht keiner der Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit, also mehr als 50 Prozent der Stimmen, treten die beiden Kandidaten, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben, in einem zweiten Wahlgang, der so genannten Stichwahl, erneut gegeneinander an. Der Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt schließlich die Stichwahl. 

Bedeutung der Präsidentschaftswahlen – Befugnisse des finnischen Staatsoberhauptes

Der Präsident bzw. die Präsidentin der Republik Finnland (finnisch: Suomen Tasavallan Presidentti) ist das finnische Staatsoberhaupt Finnlands. Er bzw. sie muss nach der geltenden Verfassung als finnischer Staatsbürger bzw. finnische Staatsbürgerin geboren sein und wird seit 1994 für eine Amtszeit von sechs Jahren direkt vom Volk gewählt.

Das finnische Staatsoberhaupt hat vor allem eine repräsentative Funktion, führt gemeinsam mit der Regierung aber auch die Außenpolitik, vertritt das Land bei politischen Events im Ausland, zum Beispiel bei NATO-Treffen, und ist zudem Oberbefehlshaber der finnischen Streitkräfte. Vor dem Hintergrund der aktuellen, politischen Situation, d.h. dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine, dem seit nun fast zwei Jahren andauernden Krieg gegen die Ukraine sowie der 1.300 Kilometer langen Grenze Finnlands zu Russland, kommt dem Präsidenten somit auch eine diplomatische und sicherheitspolitische Schlüsselrolle zu.

Ein gutes Beispiel in diesem Zusammenhang ist der NATO-Beitritt Finnlands: Sauli Niinistö hat während seiner Amtszeit gemeinsam mit der damaligen Ministerpräsidentin Sanna Marin (Vorgängerin des jetzigen Ministerpräsidenten Petteri Orpo) Finnland aus sicherheitspolitischem Gründen in die NATO geführt. Seit dem 4. April 2023 ist Finnland offiziell 31. Mitglied des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses.

Sauli Niinistö – Amtszeit und Wirken

Der finnische Präsident Sauli Niinistö (Nationale Sammlungspartei) ist seit dem 1. März 2012 im Amt. Er ist der zwölfte Präsident der Republik Finnland und Nachfolger von Tarja Halonen (Sozialdemokraten). Bei der damaligen Präsidentschaftswahl setzte er sich im zweiten Wahlgang mit 62,59 Prozent der Stimmen gegen den Präsidentschaftskandidaten Pekka Haavisto (Grüne) durch. Es war das erste Mal seit über 50 Jahren, dass die Nationale Sammlungspartei wieder den finnischen Präsidenten stellte.

Am 29. Mai 2018 gab Niinistö seine erneute Kandidatur für eine zweite Amtszeit bekannt. Dieses Mal trat er als parteiloser Kandidat an, erhielt aber kurz nach der Bekanntgabe seiner Kandidatur auch die Unterstützung der Sammlungspartei und ihres Parteivorsitzenden Petteri Orpo, wodurch er damals Alexander Stubb und den ehemaligen Außenminister Ilkka Kanerva als Präsidentschaftskandidaten aus dem Rennen warf. Am 19. August 2018 gaben auch die Christdemokraten ihre Unterstützung für Niinistö als Kandidaten bekannt.

Niinistö war schließlich so beliebt, dass er die Präsidentschaftswahl diesmal bereits im ersten Wahlgang mit 62,9 Prozent der Stimmen gewann. Er ist damit der erste direkt gewählte Präsident Finnlands seit Einführung des Stichwahl-Systems im Jahr 1994.

Seine zweite Amtszeit begann im Februar 2018. In diese Zeit fielen auch mehrere, wichtige Ereignisse, die auch die finnische Außenpolitik entscheidend prägten, zu nennen wären da die europäische Flüchtlingskrise (2015), die Regierungskrise (2017), die Messerattacke in Turku (im August 2017), die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Unabhängigkeitsjubiläum Finnlands 2017, der Putin-Trump-Gipfel in Helsinki (2018), die Corona-Krise (2020-2023) sowie der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine im Februar 2022.

Niinistö gilt als gemäßigter Konservativer und Verfechter der Europäischen Union, des Euro und der internationalen Zusammenarbeit. Er plädierte immer wieder für eine noch engere Zusammenarbeit Europas und zwar nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in sicherheitspolitischer Hinsicht. Die zunehmende Migration seit 2015 sah er als wachsende Herausforderung für Europa und forderte aus Sicherheitsgründen immer wieder schärfere Kontrollen bei der Einreise von Flüchtlingen in die Europäische Union. Gleichzeitig setzte er sich aber auch stets für ein offenes und multikulturelles Finnland ein. So wurde in seiner Amtszeit im Jahr 2017 die Ehe für alle, d.h. auch für gleichgeschlechtliche Paare, gesetzlich legitimiert. Niinistö steht auch für eine intensive, internationale Zusammenarbeit in Klimafragen und hat immer wieder die Einhaltung des Pariser Abkommens angemahnt.

Bis zum Einmarsch Russlands in die Ukraine setzte sich Niinistö auch für gute wirtschaftliche und politische Beziehungen zum Nachbarland Russland sowie für eine Annäherung Russlands an den Westen ein. Finnland kam dabei seiner Meinung nach eine Schlüsselrolle zu. Auch deshalb fungierte Finnland damals am 16. Juli 2018 auch als Gastgeberland für das Gipfeltreffen von Putin und Trump. Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 hatte er sich trotz des damaligem Neutralitätsstatus Finnlands aus sicherheitspolitischen Erwägungen immer wieder für einen Beitritt Finnland zur NATO stark gemacht.

Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 war es mit seinem diplomatischen Verständnis jedoch endgültig vorbei. Auf der damaligen Pressekonferenz antwortete Niinistö auf die Frage eines Journalisten, was er nun von Putin halte, dass dieser nun sein wahres Gesicht gezeigt habe („The mask has now come off and only the cold face of war is visible.“).

Gemeinsam mit der damaligen Ministerpräsidentin Sanna Marin verurteilte er den Angriff auf die Ukraine und bekundete seine Solidarität mit dem ukrainischen Volk. Damit und weil Finnland als Reaktion wie alle EU- Staaten Sanktionen gegen Russland einführte und sich auch an Waffenlieferungen an die Ukraine beteiligte, waren die guten Beziehungen zu Russland beendet. Finnland gab zudem seinen Neutralitätsstatus auf. Seit April 2023 ist Finnland 31. NATO-Mitglied.

Und obwohl Niinistö sowohl in der Bevölkerung als auch parteiübergreifend und im Ausland beliebt ist, darf er nach zwei Amtsperioden nicht erneut kandidieren.

Wer wird Sauli Niinistös Nachfolger? – Kandidaten, Wahlkampf und Wahlprognosen

Zur Wahl des finnischen Präsidenten waren am 28. Januar 2024 folgende, neun Kandidaten angetreten:

Wahlprognosen im Vorfeld des 1. Wahlganges

Nachdem bereits lange vor der Wahl bei allen Kandidaten Einigkeit über den NATO-Beitritt Finnlands wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine herrschte, gingen Wahlexperten im Vorfeld der Wahlen davon aus, dass vor allem die Glaubwürdigkeit der außenpolitischen Führung und die Persönlichkeit der Kandidaten die Präsidentschaftswahlen entscheiden werde.

In den ersten Wahlprognosen von Yle im Oktober 2023 lag Pekka Haavisto im ersten Wahlgang mit 29 Prozent noch deutlich vor Stubb (22 Prozent). Doch bereits in den  Wahlprognosen vom November 2023 wendete sich das Blatt: Alexander Stubb führte in den Umfragen mit 28 Prozent vor Haavisto (26 Prozent). In Wahlprognosen vom Dezember 2023 lag Stubb schließlich mit 24 Prozent nur noch knapp zwei Prozentpunkte vor Haavisto (22 Prozent), so dass langsam ein Kopf-an-Kopfrennen im ersten Wahlgang erwartet wurde.

Die Unterstützung für die anderen Kandidaten im Präsidentschaftsrennen stagnierte dagegen im Zeitablauf weitgehend mit Ausnahme von Jussi Halla-aho. Der Kandidat der rechtspopulistischen Finnenpartei konnte in den Wahlprognosen vom Januar 2024 mit 18 Prozent zu Haavisto (20 Prozent) und Stubb (22 Prozent) aufschließen. Auch Olli Rehn holte auf, lag aber mit geschätzten 12 Prozent noch weit hinter Halla-aho und den beiden anderen Spitzenkandidaten.

Ergebnisse des ersten Wahlgangs vom 28. Januar 2024

Am 28. Januar 2024 fand der erste Wahlgang der finnischen Präsidentschaftswahlen statt. Wie erwartet kam es am Wahltag zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Alexander Stubb (Nationale Sammlungspartei) und Pekka Haavisto. Am Ende erhielt Stubb 27,2 Prozent der Stimmen, Pekka Haavisto 25,8 Prozent. Auch Jussi Halla-aho konnte mit 19 Prozent erwartungsgemäß deutlich zulegen, schaffte es aber nicht in die Stichwahl. Die Wahlbeteiligung war mit 74,9 Prozent überraschend hoch. Bei früheren Wahlen lag die Wahlbeteiligung meist deutlich unter 70 Prozent.

Da somit keiner der neun Kandidaten im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht hat, fand am 11. Februar 2024 eine Stichwahl zwischen den beiden Spitzenkandidaten Stubb und Haavisto statt.

—> Das Endergebnis des 1. Wahlgangs vom 28. Januar 2024 kann hier eingesehen werden.

—> Zum Pressestatement der drei Kandidaten nach der Wahl geht es hier.

Stichwahl in Finnland: Zwei erfahrene Politiker kämpfen um das höchste Staatsamt

Angesichts der aktuellen Weltlage (d.h. dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine) und der geopolitischen Lage Finnlands (d.h. der 1.340 Kilometer langen Grenze zu Russland) spielen bei der Ausübung dieses Amtes derzeit nicht nur Persönlichkeit, sondern vor allem auch Führungsqualitäten und diplomatische Geschick eine besondere Rolle. Schließlich geht es darum, wer Finnland als Staatsoberhaupt am besten repräsentieren und durch diese turbulenten Zeiten führen kann.

Beide Kandidaten verfügen über langjährige politische Erfahrung in der finnischen und internationalen Politik und bringen damit gute Voraussetzungen für dieses Amt mit.

Alexander Stubb (Nationale Sammlungspartei/Kokoomus) – Kurzbiografie

Alexander Stubb (geboren 1968 in Helsinki) ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er selbst ist zweisprachig aufgewachsen. Seine Mutter ist Finnin, sein Vater der bekannte finnlandschwedische Eishockeyfunktionär Göran Stubb. Zur Schule ging Stubb zunächst auf eine finnischsprachige, ab der vierten Klasse dann in eine schwedischsprachige Schule. Später besuchte er die Mainland High School in Daytona Beach in Florida. Sein Abitur legte Stubb 1988 an einem Gymnasium in Helsinki ab. Nach dem Wehrdienst studierte er Politikwissenschaft an der Furman University in South Carolina (USA). Dieses Studium schloss er 1993 mit einem Bachelor auf Art ab.

Nach einem Sprachkurs an der Sorbonne in Paris (1994) erwarb er 1995 am Europakolleg in Brügge (Belgien) einen Master in European Political Affaires. Anschließend arbeitete er von 1995 bis 1997 im finnischen Außenministerium. 1999 promovierte er an der London School of Economics und war später in der Europapolitik tätig, unter anderem als Abgeordneter im Europaparlament (2004-2008). Er bringt auch Erfahrung als ehemaliger Außenminister im Kabinett Matti Vanhanen, als finnischer Premierminister (2014-2015) sowie als Finanzminister im Kabinett Sipilä (2015-2016) mit.

Privat ist er begeisterter Marathonläufer und Triathlet. Als Jugendlicher war er Mitglied der finnischen Golf-Nationalmannschaft. 2016 nahm er am Ironman auf Hawaii teil. Bekannt ist er auch durch sein Buch „Miehen treenikirja“ (Das Trainingsbuch für den Mann), ein Ratgeber, in dem er berufstätigen Familienvätern Tipps gibt, wie sie trotz Beruf Sport regelmäßig in ihren Alltag integrieren können.

Dass Stubb überhaupt wieder für ein politisches Amt kandidieren würde, war zunächst eine echte Überraschung. Denn nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt 2016 hatte sich Stubb komplett aus der Politik zurückgezogen und sich auf eine Karriere als Vizepräsident der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg konzentriert. Später arbeitete er längere Zeit an einer italienischen Universität. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe seine Meinung geändert, sagte er in einem Interview mit Politico.

Alexander Stubb auf YouTube

Pekka Haavisto (als parteiunabhängiger Kandidat) – Kurzbiografie

Pekka Haavisto (geboren 1958 in Helsinki) machte 1976 seinen Schulabschluss an der Munkkivuori-Schule  Helsinki. Sein Vater war Schulleiter, seine Mutter Chemielehrerin. Haavisto studierte Sozialwissenschaften an der Universität Helsinki. Später war er zunächst als Journalist tätig. Er schrieb bis 1982 u.a. für die finnische Kulturzeitschrift „Komposti-Lehti“, später bis 1987 für die Zeitschrift „Suomi-Lehti“.  Bevor er in die Politik ging, war er eine Zeit lang Redakteur der Zeitschrift der Grünen.

1987 wurde er im Alter von 29 Jahren erstmals in das finnische Parlament gewählt.  Von 1995 bis 1999 war er Umweltminister in der Regierung von Ministerpräsident Paavo Lipponen. Haavisto ist auch ehemaliger Außenminister der Regierung Sanna Marin. In dieser Funktion begleitete er den Beitrittsprozesses Finnlands zur NATO. Durch seine Arbeit bei den Vereinten Nationen (1999-2005) verfügt er zudem über umfassende Kenntnisse der internationalen Politik sowie über diplomatisches Geschick. 2005 nahm er beispielsweise als Sonderbeauftragter der Europäischen Union im Sudan an den Friedensgesprächen in Darfur teil.

Die Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen 2024 sind bereits sein dritter Anlauf auf das Amt des finnischen Staatsoberhaupts. In den Jahren 2012 und 2018 musste er sich jeweils Sauli Niinistö geschlagen geben. Haavisto lebt mit dem Ecuadorianer Antonio Flores zusammen und bekennt sich offen zu seiner Homosexualität. Er gilt deshalb auch als Vertreter der LGBTQ-Rechte auf politischer Ebene und ist in der LGBTQ-Community sehr beliebt.

In seiner Freizeit legt Pekka Haavisto als DJ Pexi gerne Musik auf. Sein Lieblingssong, mit dem er gerne seine DJ-Events eröffnet, ist der Titelsong von „Komisario Palmu“, einer finnischen Krimiserie aus den 60er-Jahren. In der aktuellen Wahl ist Haavisto übrigens nicht wie bisher als Grüner angetreten, sondern als parteiunabhängiger Kandidat, unterstützt durch eine Wählergemeinschaft. Er begründet dies damit, dass er glaubt, dass viele Menschen ihn wählen würde, es aber nicht tun würden, wenn er direkt für die Grünen antreten würde.

Pekka Haavisto auf YouTube

Drei Fragen an die Kandidaten, zeigen Unterschiede auf

Beide Kandidaten halten den NATO-Beitritt Finnlands für legitim und plädieren für eine harte Haltung gegenüber Russland. Doch in einigen sicherheitsstrategischen Überlegungen unterscheiden sich ihre Meinungen doch deutlich voneinander, wie die Antworten auf drei Fragen an die Präsidentschaftskandidaten des Yle-Wahl-O-Mats zeigen:

Demilitarisierte Åland Inseln

Während Pekka Haavisto sich dafür aussprach, dass auf den Ålandinseln auch in Zukunft kein Militär stationiert werden sollte und dies auch nur mit der Zustimmung der Bevölkerung geändert werden sollte, vermied Stubb eine konkrete Stellungnahme zu diesem Thema.

Alexander Stubb im Yle Wahl-O-Mat: (…) The matter of demilitarising Åland cannot be simplified into a yes-or-no answer. Demilitarisation is part of an international legal framework, that reaches beyond whether Finland wants to change the current situation at this particular moment in time or not.

Hinweis: Die Ålandinseln gehören zu Finnland, sind aber politisch und organisatorisch autonom. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts genießen sie aufgrund eines internationalen Abkommens den Sonderstatus der militärischen Neutralität. Das bedeutet, dass dort keine Truppen (auch keine finnischen) stationiert werden. Dies wird ausgerechnet vom russischen Konsulat überwacht. Und obwohl es seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine immer wieder zu Demonstrationen vor dem russischen Konsulat auf Åland gekommen ist, so lehnt die Mehrheit der rund 30.000 Inselbewohner nach wie vor jegliche Militärpräsenz auf den Inseln ab. Diese Situation wird von einigen Militärexperten als ungünstig eingeschätzt. So sagte Alpo Rusi, Professor und ehemaliger Präsidentenberater von Martti Ahtisaari (1994-1999) im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP: „Es besteht die Sorge, dass Finnland im Falle eines plötzlichen Angriffs auf Åland militärisch nicht schnell genug reagieren könnte.“

Stationierung von Atomwaffen in Finnland

Das finnische Recht verbietet derzeit eine Stationierung von Atomwaffen auf finnischem Boden. Doch anhand der Antworten beider Kandidaten sieht man, dass in diesem Punkt die Meinungen deutlich auseinander gehen: Pekka Haavisto positionierte sich zu der Frage mit einem klaren Nein und betonte noch einmal, dass sich Finnland als Unterzeichnerstaat des UN-Atomwaffensperrvertrages (Treaty on the Non-Proliferation of Nuclear Weappons) auch in Zukunft dafür einsetzen solle, eine weitere Stationierung von Atomwaffen zu verhindern.

Pekka Haavisto im Yle Wahl-O-Mat: “The alliance has no need to move its nuclear weapons from their permanent storages. As a border country of Nato Finland will not be a placement option for nuclear weapons. (…) Finland must continue to be an active member of the UN Nuclear Non-Proliferation Treaty, which prevents the spread of nuclear weapons. 

Stubb hingegen zeigte sich bei dem Thema eher offen. 

Einführung der allgemeinen Wehrpflicht

Auch in diesem Punkt gibt es eine gegensätzliche Meinung: Pekka Haavisto sieht in einer allgemeinen Wehrpflicht die Chance, im Ernstfall über eine verteidigungsfähigere Armee zu verfügen. Dabei sollte die militärische Ausbildung auch Kenntnisse im Zivil- und Katastrophenschutz und in Erster Hilfe umfassen.

Alexander Stubb spricht sich hingegen gegen eine allgemeine Wehrpflicht aus. Eine Änderung der Wehrpflicht müsse langsam und in Ruhe eingeführt werden. Man könne aber künftig bei der Rekrutierung gezielt alle Geschlechter ansprechen, so sein Vorschlag. So könne man auch auf anderem Wege dazu beitragen, dass künftig nicht nur Männer den Wehrdienst leisten.

—> Zu allen Antworten der beiden Präsidentschaftskandidaten im Yle-Wahl-O-Mat hier entlang:
(Hier erfahrt ihr, wie die beiden Kandidaten zu diversen weiteren Themen stehen)

Wer gewinnt die Stichwahl? – Das sagen die Wahlprognosen

Bei den Vorwahlen zum zweiten Wahlgang hatten bereits 32,8 Prozent der Finnen ihre Stimmen abgegeben. Das sind rund 1,4 Millionen wahlberechtigte Finnen und Finninnen. Daher wurde auch für die Stichwahl mit einer hohen Wahlbeteiligung gerechnet.

Nach einer aktuellen Wahlprognose der finnischen Tageszeitung Helsingin Sanomat, die zwischen dem 2. Und 4. Februar 2024 erhoben wurde lag Alexander Stubb mit 54 Prozent schließlich in Führung, obwohl Pekka Haavisto mit 46 Prozent deutlich aufgeholt hatte. In einer früheren Wahlprognose lag Stubb mit 57 Prozent noch deutlich vor Haavisto (43 Prozent).

Stubbs Trumpf bei der Wahl war offensichtlich auch die hohe Popularität seiner Partei, deshalb war zu erwarten, dass es für Haavisto im zweiten Wahlgang nicht leicht werden würde. Da die Wähler der Zentrumspartei sowie der rechtspopulistischen Finnenpartei vermutlich eher für Stubb stimmen würden und zudem eine Umfrage der Universität Helsinki ergab, dass ein Drittel der Finnen und Finninnen Haavisto wegen seiner Beziehung zu seinem Partner nicht wählen würde, war es sehr wahrscheinlich, dass Stubb die Wahl für sich entscheiden könnte. 

In den letzten Umfragen vor der Stichwahl lagen die Kandidaten allerdings nicht mehr sehr weit auseinander, weshalb ein erneutes Kopf-an-Kopf-Rennen erwartet wurde.

Knapper Sieg – Alexander Stubb wird Finnlands neuer Präsident!

Alexander Stubb (Nationale Sammlungspartei) hat die Stichwahlam 11. Februar 2024 mit knapper Mehrheit (51,6 Prozent) gewonnen. Sein Herausforderer Pekka Haavisto schnitt entgegen den bisherigen Wahlprognosen mit 48,4 Prozent der Stimmen aber dennoch deutlich besser ab, als erwartet.

Haavisto gratulierte Stubb noch am Wahlabend zum Wahlsieg mit den Worten: „Nun Alexander, herzlichen Glückwunsch an den dreizehnten Präsidenten Finnlands…[…]und viel Glück bei Deiner Arbeit.“ 

Der Wahlkampf war geprägt vom Thema „Sicherheit und Verteidigung“, wobei sich die beiden Kandidaten bei vielen Punkten einige waren. Unterschiede gab es (wie bereits weiter oben erklärt) nur bei einigen brisanten Fragen, wie Beispielsweise bei der Stationierung von Atomwaffen auf finnischem Boden, die allerdings aktuell nach finnischem Recht gar nicht erlaubt sind. Während Haavisto eine Stationierung klar ablehnte, hatte Stubb sich dafür offen gezeigt.

Für den neuen Präsidenten wird es angesichts der weltpolitischen Lage eine herausfordernde Amtszeit werden. Doch Sisu bringt der neue Präsident schon mal mit – eine gute Voraussetzung!

Eine interessante Podcastfolge zur Präsidentschaftswahl 2024 findet ihr übrigens aktuell auch beim „All Points North Podcast“ auf Yle. 

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